Wiederaufbau des Schlosses in Steinort

Aus dem Newsletter des Förderkreises Steinort vom Dezember 2009:

Am 30.11.2009 wurde in Warschau der Vertrag unterzeichnet, nach dem von TIGA S.A. die polnische GmbH, der Schloss Steinort gehört, an die Polnisch-Deutsche Stiftung Kulturpflege und Denkmalschutz (PDS) übergeht. Mit diesem Schenkungsvertrag ist es die in Warschau ansässige Polnisch-Deutsche Stiftung, die nun rechtlich die Pflicht übernommen hat, Schloss Steinort zu retten und zu sanieren. Nur durch die Schenkung an die PDS konnte ein Schenkungsvertrag mit der TIGA final abgeschlossen werden. Der eigentlich vorgesehenen Übernahme der GmbH durch die Deutsch-Polnische-Stiftung Kulturpflege und Denkmalschutz (DPS), die seit Juni 2009 die sehr mühevollen Vertragsverhandlungen mit TIGA geführt hat, stand entgegen, dass sie mit ihrem Sitz in Deutschland einer schriftlichen Zustimmung des Innenministers bedurft hätte, die nur mit viel Geduld zu erhalten gewesen wäre.

Die Familie Lehndorff, deren Familiensitz Steinort bis 1945 gewesen ist und deren letzter Erbe auf Steinort, Heinrich von Lehndorff, sein Leben im Widerstand gegen Hitler am 20. Juli 1944 eingesetzt hat, wünscht sich eine künftige öffentliche kulturelle Nutzung des Herrenhauses. Die Intention der öffentlichen Nutzung ist im Schenkungsvertrag festgeschrieben und soll tatkräftig umgesetzt werden mit Hilfe der Deutsch-Polnischen Stiftung Kulturpflege und Denkmalschutz und dem Förderkreis Steinort. Die regionalen und lokalen Behörden der Selbstverwaltung in Warmia/Mazury (Ermland/ Masuren) haben der Rettung von Steinort und einer öffentlichen Nutzung mit Blick auf die Interessen der Region zugestimmt und ebenfalls ihre Unterstützung zugesichert.

Da Schloss Steinort akut in seiner Substanz gefährdet ist –es droht der Teileinsturz – steht als nächster Schritt eine dringend erforderliche erste Notsicherungsmaßnahme an. Der Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM) hat der DPS für diesen Zweck aus seinem Haushalt 2009 knapp 60.000 € bewilligt. Mit den Arbeiten, die vor allem die Aufbringung eines Notdachs über dem Mittelbau, die Abstützung der wertvollen bemalten barocken Deckenbalken und eine substanzverträgliche neue Schließung der Öffnungen beinhalten, soll möglichst noch vor Weihnachten begonnen werden. Die Vorbereitungen zur Umsetzung der Maßnahme sind angelaufen.

Damit ist der Anfang für das Projekt Steinort“ gesetzt. Durch den neuen Träger ist Schloss Steinort nun förderfähig, und es können öffentliche Mittel beantragt werden. Die Polnisch-Deutsche Stiftung ist für das große Vorhaben der Rettung Steinort nicht nur auf die Hilfe der Deutsch-Polnischen Stiftung Kulturpflege und Denkmalschutz und des Förderkreises angewiesen, sondern braucht dringend das Interesse, das Engagement und nicht zuletzt die finanzielle Unterstützung so vieler Freunde, Förderer und Spenderinnen und Spender wie möglich.

Neben der Deutsch-Polnischen Stiftung Kulturpflege und Denkmalschutz wird es sich der Förderkreis zur wichtigsten Aufgabe machen, diese Unterstützung herbeizuführen und zu organisieren. Dazu soll der Förderkreis in der ersten Jahreshälfte 2010 in einen Förderverein für Steinort umgewandelt werden. Um den Förderkreis zu unterstützen, besteht ab sofort die Möglichkeit, für den Wiederaufbau von Schloss Steinort online zu spenden: und als Mitglied den Wiederaufbau zu begleiten.

Inzwischen gibt es auch die “Heinrich Lehndorff Gesellschaft – Steinort”, gegründet von seinen Kindern und Enkeln sowie den Freunden der Familie[1]

Nachdem die Stiftung 2009 das Schloss übernommen hat, wurde eine Gesellschaft für die Verwaltung des Denkmals gebildet. Innerhalb weniger Jahre konnten das Dach repariert sowie Decken und Balken vor dem Zerfall geschützt werden. 2014 wurden Entwässerungs- und Isolierarbeiten durchgeführt, die die Familie v. Lehndorff finanzierte. Die Familie verkaufte auf einer Auktion in London einen Teil der Einrichtung von Schloss Steinort und spendete die eingenommenen 50.000 € für die Arbeit eines Experten aus der Bundesrepublik.

Die Kosten für die Wiederherstellung von Schloss Steinort belaufen sich auf rd. 50 Mio. €. Die Hälfte des Aufwands soll aus Mitteln der EU kommen, die andere Hälfte soll ein Investor beisteuern, den die Gemeinde Angerburg noch finden muss. Immerhin hoffen die Behörden, dass das Schloss noch vor der Fußball-WM 2018 renoviert sein wird.

Das wiederhergestellte Schloss Steinort soll Luxus-Appartements mit 1.000 Betten beherbergen, ergänzt um eine moderne Marina, Tennisplätze, einen Golfplatz und einen Landeplatz für Kleinflugzeuge und Hubschrauber. Im Schloss selbst soll ein Museum eingerichtet werden, in dem die Besucher historische Exponate der Adelsresidenz anschauen können. Die Familie v. Lehndorff wird dafür Gegenstände als Dauerleihgabe zur Verfügung stellen, die sie von anderen deutschen Museen wiederbekommen hat. Zudem soll es ein europäisches Schulungszentrum für Handwerk und Denkmalpflege sowie das Decken von Reetdächern geben.[2]

Wesentliche Anstöße zur Restaurierung von Schloss Steinort kamen von Prof. Dr. Wolfram Jäger, Bauingenieur und Professor an der TU Dresden, der sich von dem Buch von Antje Vollmer „Doppelleben. Heinrich und Gottliebe von Lehndorff im Widerstand gegen Hitler und von Ribbentrop“ dazu anregen ließ, sich mit dem Schloss zu befassen und der sich dann in die Renovierungsnotwendigkeiten vertiefte. Unterstützung fand er in seiner Schülerin, der Italienerin Debora di Sante, die im Rahmen ihrer Diplomarbeit die Vermessung und Kartierung der vorhandenen Räume und Recherchen zu den noch vorhandenen Holzbalken- und Wandbemalungen vornahm. Für die Umsetzung der Planungen sorgt der Schweizer Bauunternehmer Matthias Hohl, der in Ostpreußen ansässig wurde, und seine Leute. Ein wesentlicher Schritt war die Eröffnung des Café Nona im Erdgeschoss, benannt nach Marie-Eleonore v. Haeften, älteste Tochter Heinrich Graf Lehndorffs, die alle Nona nannten.[3]



[1] Interview mit Vera von Lehndorff, Rotary Magazin, Aprill 2011, S. 45
[2][ Leszek Chaburski, Schloss Steinort soll zur WM 2018 nutzbar sein, Oprbl. Nr. 29/2017 (21. Juli), S. 13
[3] René Nehring, Ein masurisches Kleinod erwacht zu neuem Leben, Oprbl. Nr. 37/2021 (17. September), S. 13