Dzikowo Ilaweckie – Wildenhoff
Das Prußendorf Ampunden, wie der Ort zur Ordenszeit hieß, überließ der Hochmeister 1491 dem ehemaligen Söldnerführer und nun Großgrundbesitzer Paul Pregel, der außer Groß Peisten noch eine Reihe weiterer Güter an sich gebracht hatte. Neben dem Städtchen Landsberg übereignete Herzog Albrecht 1535 dem Friedrich Truchsess von Waldburg, des “Heiligen römischen Reiches Erbtruchseß Freiherr von Waldburg”, dessen Familie aus dem Schwäbischen stammt, das Gut Ampunden sowie das Gut in Kanditten als Lohn für die erfolgreiche Verteidigung von Pr. Eylau gegen die Polen im Reiterkrieg (1519 – 1526). Die Waldburgs führten sehr bald den Namen Wildenhoff ein und machten dieses Gut sehr schnell durch Zukauf zu ihrem Hauptsitz und Zentrum großer Latifundien. Friedrichs Sohn, Jans Jakob von Waldburg, wurde als Landhofmeister der erste Beamte des Landes und erweiterte den Besitz des Gutes wie auch sein nachfolgender Sohn. In der Mitte des 17. Jhs. besaßen die Waldburgs die größte und gut abgerundete Herrschaft des Kreises.
Der letzte Erbe der Waldburgs, Gebhard Truchsess von Waldburg, der es liebte, kreuz und quer durch die Welt zu reisen, fiel 1664 in einem Duell in Wien. Seine Mutter Helene Dorothea, geb. v. Kreytzen, hatte 1656 in zweiter Ehe den Oberpräsidenten und Ersten Berater des Kurfürsten, den Pommern Otto Freiherrn von Schwerin (18. 3. 1616 – 14. 11. 1679) geheiratet. Der kümmerte sich bereits seit längerer Zeit um die Bewirtschaftung von Wildenhoff und erwarb nach dem Tod von Gebhard die Begüterung, indem er die Erben auszahlte. In der Familie Schwerin blieb Wildenhoff bis 1945.
Der Gutsbetrieb schwankte in seiner Größe mit allen Vor- und Nebenwerken bis zuletzt nur wenig zwischen 2.600 und etwas über 2800 ha, davon gut 1000 ha Ackerland und knapp 1000 ha Wald. Zur Wirtschaft gehörten u. a. ein Sägewerk sowie eine der großen Ziegeleien im Kreisgebiet, die rd. 1,3 Mio. Ziegel pro Jahr produzierte. 1934 musste ein Teil des zu Wildenhoff gehörenden Landes für den Truppenübungsplatz Stablack abgetreten werden. Der letzte Gutsherr, Otto Graf von Schwerin, fiel im Januar 1945 an der Narewfront. Das imposante Gutshaus von 1705 wurde am Ende des 2. Weltkrieges kurz vor dem Eintreffen der sowjetischen Soldaten von Angehörigen der SS in Brand gesetzt.
Schloss Wildenhoff gehörte zu den Orten, an denen Kunstwerke ausgelagert wurden, um sie vor Kriegsschäden zu bewahren. Darunter befanden sich u. a. aus den Kiewer Kunstsammlungen geraubte Gegenstände. Außerdem Posten von 11 Kisten mit Gemälden westeuropäischer Meister, 6 Kisten mit Gemälden russischer Meister, 15 Kisten Ikonen und 16 Kisten Ikonen und Gemälde. Jeder Kiste enthielt zwischen 10 und 134 Stücke.
Ehemalige polnische Kriegsgefangene und weitere Zeugen berichteten von Waggonladungen, die in Landsberg ausgeladen und in Wildenhoff eingemauert worden sein sollten. Um diesen Berichten auf den Grund zu gehen, wurden ab August 1960 die Ruinen des Schlossen frei gelegt. Hierbei machte man etliche Funde, darunter eine in Preußen gefertigte gravierte kupferne Platte, datiert 1776, neun Medaillen und Plaketten aus dem 15. und 16. Jahrhundert von italienischen Meistern. Alles war infolge Feuer und langer Feuchtigkeit stark beschädigt und von Grünspan überzogen. Auch ein Paket verkohlter Zeichnungen und Radierungen, darunter solche von Lovis Corinth, tauchte auf, ebenso einige alte Porzellanstücke chinesischer Herkunft, eine japanische Elfenbeinschnitzerei, sieben Bildhauerarbeiten, die zum größten Teil zerstört waren, Keramiken und Reste von Gebrauchsporzellan. Und schließlich fanden sich auch Metallteile, wie sie an Ikonen verwendet wurden. Das vermutete Bernsteinzimmer fand sich nicht.
Das Leben auf Gut Wildenhoff vor und während des 2. Weltkriegs sowie die Flucht nach Westdeutschland schildert sehr eindrucksvoll Esther Gräfin v. Schwerin (1904 – 1985), die Ehefrau des letzten deutschen Eigentümers, in “Kormorane, Brombeerranken – Erinnerungen an Ostpreußen“ .
Im weiter nördlich gelegenen Wildenacker Forst entspringt das Flüsschen Walsch, westlich des nahen Goida/Schlossbergs der Stradick (Korniewka). Weiterhin erstreckt sich am Goida/Schlossberg das Muschenkenbruch, das größte Hochmoor des Stablacks, mit seinen Moosen, Wollgras, Moosbeeren etc. Am Schlossberg fand man auch bemerkenswert starke Linden. Insgesamt wurden die Naturschönheiten des Hochstablackplateaus um Wildenhoff weithin gerühmt.
Anmerkung: Bestattungen der Grafen von Schwerin auf Wildenhoff, publiziert am 26. 9. 2010 von Irmi Gegner-Sünkler
Otto Ludwig Sigismund, Lehnsherr von Wildenhoff bei Canditten ist auch Patron der Kirche von Landsberg in Pr. Eylau. Als er im Jahre 1787 in Berlin verstirbt, findet sich im Kirchenbuch von Landsberg folgender Eintrag:
NOTA: den 29. Dezember 1787 hat sich bei der hiesigen Kirche das 4-wöchige Trauergeläut von 11 bis 12 Uhr mittags durch die hiesigen Zünfte auf lehnsherrlichen Befehl wegen des, den 18. hej. zu Berlin erfolgten Todesfalles des hochgeborenen Herrn Otto Ludwig Sigismund, des Heil. Röm. Reiches Graf von Schwerin, Erb-Kämmerer der Kurmark Brandburg, Kommandeur des St. Johanniterordens, ehemaliger königl. preuß. Gesandter am königlich dänischen Hofe, Kammerherr bei Ihro Majestät der verwitweten Königin von Preußen, Lehnsherr der Stadt Landsberg und Majoratsherr der kurmärkischen Walsleben- und Katerbow’schen, wie auch der preußisch Wildenhoffschen Güter, der in einem Alter von 77 Jahren und 37 Tagen verstorben, und leiblicher Vater unsres jetzigen Lehnsherren, des hochgeborenen Herrn Reichsgraf und Erbkämmerer Otto Karl Ludwig von Schwerin auf Wildenhoff war, angefangen. Hiebey wurde 4 Sonntage nicht die Orgel gespielt, 12 Wochen der Altar schwarz bekleidet, und von mir, dem Pfarrer Jacob Neumann eine förmliche Leichenpredigt am Sonntag nach Weihnachten hej. Vormittage, über den angeschriebenen Text, 2. Tim. 4. V. 7. 8. gehalten, welche anzuhören sich der hiesige Magistrat, nebst den Kirchenvorstehern, Gemeindeältesten und Älterleuten der Zünfte und Gewerke, unter Vortritt des hiesigen Geistlichen Ministorii, um 9 Uhr vormittags, paarweise aus dem Hause des Polizeibürgermeisters Herrn Kästor in die Kirche verfügten. Vor der Predigt wurde gesungen: Ich bin ja Herr usw. Nach der Predigt: Jusus meine Zuversicht. Mein Thema war: Der Gnadenlohn kämpfender und überwindender Christen..
Im Jahre 1795 stirbt – im Alter von 55 Jahren – Reichsgraf Otto Karl Ludwig von Schwerin, der Sohn und Nachfolger des oben genannten Otto Ludwig Sigismund. Im Kirchenbuch von Landsberg hat der Pfarrer neben dem Sterbeeintrag den Ablauf der Ereignisse geschildert.
Nota: Den 15. März 1795 am Sonntage Lätare hat sich bei der hiesigen Kirche das vierwöchige Trauergeläute von 11 bis 12 Uhr vormittags, jedesmal in drei Pulsen, durch die hiesigen Zünfte wegen des, den 11. d.M. mittags um halb 1 Uhr in meiner Gegenwart, nach einem nur viertägigen galligem Faulfieber (=Typhus), im Lehnshofe Wildenhoff erfolgten Todesfalles des hochgeborenen HErrn Otto Karl Ludwig des H.R. Reichs Grafen von Schwerin Erbkämmerer der Chur-Mark Brandenburg, Lehnsherr der Stadt Landsberg auch Majorats- Erb- und Gerichtsherrn der kurmärkisch Walsleben- und Caterbow’schen, wie auch preußisch Wildenhoffschen sämtlichen Güter, der in einem Alter von 55 Jahren, 10 Monaten und 14 Tagen ganz unvermutet verstarb, angefangen. Hierbei wurde vier Sonntage die Orgel nicht gespielet und ebenso viele Woche war der Altar schwarz bekleidet. Der erblaßte Leichnam wurde genannten hej. nach der vorher Vor- und Nachmittage geschehenen Danksagungen der Kanzel gegen Abend in einem eichenen Interims – oder sogenanntem Notsarge auf einem mit 6 Pferden bespannten und von fünf vierspännigen Kutschen begleiteten Rüstwagen von Wildenhoff anhero gebracht, allwo er denn abends 8 Uhr von dem hohen Tore auf die Leichenbare gesetzet und nach Abnehmung des bisher auf dem Deckel des Sarges befestigten goldenen Erbkämmererschlüssels nebst eben dergleichen Kette, unter Begleitung des hiesigen Ministorii, Magistrats und benachbarten Adels bei hellem zahlreichen Fackelschein durch das Tor um die Hofgasse, über den Markt, sowie durch die Kirchengasse, welche Gegenden alle mit unzähligen Zuschauern angefüllet und die Straßen mit vielen vor den Fenstern stehenden und freiwillig angezündeten Lichtern, noch mehr erleuchtet waren, ohne Glockengeläut durch die hiesigen Schuhmacher und Kleiderzunft, auf dem hiesigen Stadtkirchhofe dicht am Begrägnisplatz meiner lieben 3 daselbst ruhenden Kinder und neben meinem Hause nach denen von mir angestimmten und von der unzählbaren Menge mitgesungenen zwei Versen: Meinen Leib wird man begraben, aber … Und: Denn sie werden meine Glieder die …, in einer für diesen meinen gnädigen Lehnsherren eigens 11 Fuß langen , 6½ Fuß tiefen und 6 Fuß breiten, unten und an allen vier Seiten ausgedielten und getäfelten Leichengruft beigesetzet und versenkt wurde, bis ihn an seinem jetzig noch in Berlin aufhaltendem Halbbruder Ludwig Reichsgraf von Schwerin und ältesten Erben der seiner nachgelassenen Würden, Rechten und Besitzungen als unserem zünftigen Lehnsherren, ein besonders zierliches Leichen- und Lehnsgewölbe, auf dem Kirchhofe auf der Nordseite, am Eingang auf das Lehns’chor wird erbaut und feuerfest errichtet worden sein.
Da alsdann solche neu und feierlichen Beisetzung in dasselbe ich zu seiner Zeit, wenn sie erfolgt sein wird, in eben diesem Leichenregister die gebührende Vermerkung zu tun, so ich bis dahin lebe, unvergessen sein werde. – (siehe Seite 106 u. 107). Nach geschehener Einsenkung wurde die oberste Öffnung der Leichengruft mit zweizölligen Bohlenbrettern belegt und über dieselbe ein erhabener Erdhügel aufgeschüttet, der ganz oblonge Umfang der Gruft aber um das Eindringen des Regenwassers zu verhindern, mit einem 1 Fuß tiefen Graben umzogen.
Sit optime de me merito, liberisque meis gratiosissimo Domino haereditario meo, placida requies, laetaque per J.C. resurrectio.
Am 9. November 1795 ist im Landsberger Kirchenbuch zu lesen:
Den 9. November 1795 wurde die auf Seite 100 angezeigte und ausführlich beschriebene ausgetäfelte Leichengruft eröffnet und der den Leichname einschließende Sarg in das neu erbaute und jetzt ausgetrocknete Gewölbe gesetzet und die Gruft nach Herausnahme der Dielen und Bretter zugeworfen. So blieb Leichnam und Sarg stehen bis 1. März 1796. An diesem Tage kam der Paradesarg aus Königsberg an. Er ist eichen, schwarz lackiert mit 6 großen zinnernen Griffen an jeder Längsseite, und oben auf der Mitte des Deckels mit einer großen ovalrunden und eben dergleichen gegossenen Schleifenplatte versehen auf welcher folgender schön eingegrabener und mit schwarzer Beize eingelassene Worte stehen:
Hier ruhen die Gebeine des weiland hochgeborenen HErrn, HErrn Reichsgrafen Otto Karl Ludwig von Schwerin, der Kurmark Brandenburg Erbkämmerers, und Majoratsherr der Wildenhoffschen, Wallenslebenschen und Caterbowschen Güter. Geboren zu Danzig den 25. April 1739, gestorben auf seinem Wohnsitze Wildenhoff den 11.März 1795. Er ruhe in Frieden!
Unter einstündigem Geläute wurde der Leichnam, mit seinem bisherigen Sarge im Gewölbe in diesen Paradesarg eingesetzet, und ich hielt alsdann über demselben eine kurze, zweckmäßige Rede.–.
Noch stehet ein gelb angestrichener Tannensarg in eben diesem Gewölbe, in welchem die, in der vorigen alten und sehr unschicklichen unter meinem Pfarrerbeichtstuhl befindlichen dumpfen und jetzt verschütteten Leichengruft, befindlich gewesenen, mit zusammengelesenen Gerippe und Totengebeine, ohne zu wissen, wem sie eigentlich, (eine einzige Leiche, die im hiesigen Totenregister 1770 den 25. Januar notiert ist ausgenommen), im Leben zugehöret haben, – der Schicklichkeit wegen aufbewahret werden. [1]
[1] Übermittelt von Joachim Rebuschat, 27. 9. 2010