Primorskoje – Wolittnick
Wolittnick war zunächst ein Vorwerk des großen Gutes Weßlienen. Der Vater des weithin bekannten Ludwig Passarge pachtete diese Ländereien 1820 und erwarb sie 1832 für 11.000 Taler aus der Versteigerung des Hauptgutes.
Die desolate Lage der Landwirtschaft in jener Zeit war eine Folge der napoleonischen Kriege. Viele Pferde waren requiriert, viel Vieh geschlachtet, viele Gebäude zerstört und unzählige Betriebsmittel verloren gegangen. Die Bevölkerungszahl hatte erheblich abgenommen. Die Kontinentalsperre hatte den wichtigen Export von Getreide nach England unterbrochen, und in den Jahren danach schütze sich das Inselreich vor Getreideimporten. Die Preise für die landwirtschaftlichen Erzeugnisse fielen damit teilweise um über 50 Prozent ins Bodenlose. All dies belastete die Landwirtschaft so stark, dass viele Betriebe, vor allem auch große Güter, in die Zahlungsunfähigkeit gerieten. Es bedurfte vieler Jahre eines erneuten mühevollen Aufbaus und staatlicher Unterstützung, um wieder Tritt zu fassen, aber es gelang. Als Vater Passarge das Gut 1860 für 60.000 Taler verkaufen konnte, hatte die Landwirtschaft sich spürbar erholt. Nachfolgende Besitzer waren der Rittergutsbesitzer Hoffmann, die Familie Koh und die Familie von Schichau bis zur Aufsiedlung 1934.
Zwischen Gut und Haff im Norden erhebt sich der Haffberg, der eine schöne Aussicht bis nach Pillau gewährt. Nach Süden hin hat sich ein Bach tief in den Boden gegraben. Das war der „Erlengrund“ von Wolittnick, sein Naturpark, den Ludwig Passarge in seinen Erinnerungen liebevoll beschrieben hat. Nach Osten hin erstreckte sich eine Birkenallee, die in eine Lindenallee überging und die bis nach Weßlienen auf der Höhe führte.
Auf Gut Wolittnick, Kreis Heiligenbeil, wurde der Schriftsteller Ludwig Passarge (1825 – 1912) als Sohn des Gutsherrn geboren. Er wurde bekannt als Reiseschriftsteller und war darüber hinaus Vater des Geographen, Arztes und Geologen Siegfried Passarge (1866 – 1958).
Ludwig Passarge, (6. 8. 1825 – 19. 8. 1912) geboren als Gutsbesitzersohn in Wolittnick, Kreis Heiligenbeil, gestorben in Lindenfels im Odenwald während einer Reise. Literat und Vater des Geographen Siegfried Passarge (1866 – 1958). 1834 – 1836 Besuch der Bürgerschule in Heiligenbeil, danach Hausunterricht in Wolittnick bis 1838. Sodann Besuch des Friedrichskollegs in Königsberg, ab 1844 Jura-Studium in Königsberg, die letzten beiden Semester in Heidelberg. Ab 1856 Kreisrichter in Heiligenbeil, ab 1872 Appellationsgerichtsrat in Insterburg und 1879 bis zur Pensionierung 1887 Oberlandesgerichtsrat in Königsberg. Nach seiner Pensionierung lebte Passarge nacheinander in Südtirol, Jena und Wiesbaden. Im Frühsommer 1912 wollte Ludwig Passarge mit seiner Frau den Odenwald durchwandern. Er stieg ab im Hotel Deutsches Haus am Löwenbrunnen in Lindenfels. Hier erkrankte das Ehepaar schwer. Im Juni starb die Frau und am 19. August Ludwig Passarge selbst. Sie wurden beide auf dem Friedhof in Lindenfels beerdigt. Die Grabstelle ist aber nicht mehr vorhanden.[1]
Passarge war ausgestattet mit ausgeprägter Reiselust (Italien, Spanien, Portugal, Balkan, Skandinavien). Als Schriftsteller ein Meister der Landschaftsdarstellung und der Reiseberichtserstattung, fast ein Reporter. Er war der erste deutsche Biograph und Herausgeber Henrik Ibsens.[2] Ansonsten Novellen, Balladen und Gedichte. 1857 Erstlingswerk „Aus dem Weichseldelta“ (1857). Reiseskizzen „Aus baltischen Landen“ (1878), “Eine Wanderung auf der Kurischen Nehrung im Jahr 1868” – Schilderungen der grandiosen Dünenlandschaft sowie der Lebensgewohnheiten der Bewohner der Kurischen Nehrung und des Samlandes, „Strandbriefe“, Lebenserinnerungen „Ein ostpreußisches Jugendleben“ (1903). in denen er seine Kinder- und Jugendzeit auf dem elterlichen Gut Wolittnick schildert. Übersetzung litauischer Volkslieder, so auch des Gesamtwerks von Christian Donalitius aus dem Litauischen.[3]
Wolittnick wurde schon früh – 1852 – an das Eisenbahnnetz auf der Strecke Braunsberg – Königsberg angeschlossen.
Die Familie Frieda und Karl Korn waren Besitzer der Gaststätte Sandkrug am Bahnhof Wolittnick. Ihre Tochter Ursula Düring (geb. 14. 11. 1937) ist Ortsvertreter von Wolittnick innerhalb der Kreisgemeinschaft Heiligenbeil.
Siehe auch Wulf D. Wagner – Die Güter des Kreises Heiligenbeil in Ostpreußen, S. 555