Johannes Bobrowski aus Tilsit
09.04.2021
Johannes Bobrowski (9. 4. 1917 – 2. 9. 1965) wurde in Tilsit geboren. Der Vater war Schaffner und Steno-Lehrer, die Vorfahren stammten aus Polen. Während die Familie nach Königsberg umzog, blieb Johannes zunächst bis 1930 bei der Großmutter in der Nähe von Wilkischken im Memelland, besuchte dann das Altstä#dtische Gymnasium in Königsberg, wo er 1937 auf dem Altstädter Gymnasium die Reifeprüfung ablegte. Sein Lateinlehrer war Ernst Wiechert, der bereits die literarische Begabung des Knaben erkannte.
Nach dem Abitur musste er eine zweijährige Militärzeit absolvieren, während die Familie in dieser Zeit nach Berlin u zog. Dort wollte Bobrowski eigentlich Kunstgeschichte studieren. Stattdessen erfolgte die Einberufung zum Reichsarbeitsdienst und danach zum Wehrdienst. Er nahm am Polen- und Frankreichfeldzug als Nachrichtensoldat teil, ab 1941 am Krieg gegen die Sowjetunion, wo er längere Zeit im Ilmenseegebiet südlich von St. Petersburg stationiert war. Über die „Bekennende Kirche“, der er wie seine Familie ab 1935 angehörte, kam er mit dem Widerstand gegen den Nationalsozialismus in Berührung. In Nowgorod begann er zu schreiben („Abschiedslied“, „Licht der Zeiten“). In einer Kriegsheirat verband er sich mit der Königsberger Nachbarstochter Johanna, geb. 1921. Es folgte die Kriegsgefangenschaft im Kohletagebau im Dongebiet. Weihnachten 1949 kehrte er heim und wurde zunächst Lektor im Altberliner Kinderbuchverlag von Lucie Groszer. In der Familie stellten sich Kinder ein: Juliane 1951, Ulrike 1952, Justus 1957.
Die Familie wohnte in der Ahornallee 26 in Berlin-Friedrichshagen, Parterre. Prominente Intellektuelle wie Ingeborg Bachmann und Stephan Hermlin besuchten ihn dort. Bobrowski wurde Mitglied in der Ost-CDU. Seine Tätigkeit verlagerte sich in den Union-Verlag, wo er seit 1959 als Chef-Lektor angestellt war
Bobrowski starb im Köpenicker Krankenhaus an versiegender Gesundheit nach einem Blinddarmdurchbruch. Die Familie nutzte die Wohnung weiter und richtete dort zwar kein Museum, aber einen Ort des Gedenkens an den großen Schriftsteller ein. Nach dem Tod seiner Ehefrau Johanna 2011 wurde die Wohnung in Friedrichshagen aufgelöst. Die wertvolle, 2000 Bände umfassende Privatbibliothek war 2005 bereits an die Landesbibliothek Berlin verkauft worden. Sein literarischer Nachlass befindet sich im Deutschen Literaturarchiv in Marbach. Für die Erhaltung der Möbel in seinem Arbeitszimmer und sein Clavicord engagierte sich der evangelische Pfarrer Mindaugas Kairys in Vilkyskiai – Willkischken, unterstützt von Jörg Naß, und ist dort in einer Bobrowskiausstellung zu sehen. In jener Gegend des Memellands verlebte Bobrowski Teile seiner Kindheit. In Motzischken lebten seine Großeltern und von dort stammte seine Frau her, Tochter von Michael und Adusche Buddrus, die er 1943 geheiratet hatte. In Willkischken hatte seine Tante Agathe Fröhlich einen Hof, wo Bobrowski seit 1929 regelmäßig seine Sommerferien verbrachte.
Sein größter Erfolg war der Roman „Levins Mühle“, verfilmt mit Rolf Hoppe, der in der Landschaft um Königsberg spielt. Weitere Werke: „Litauische Claviere“ – veröffentlich nach seinem Tod; „Auf den jüdischen Händler A. S.“ (1954), „Die Spur im Sand“, „Die Heimat des Malers Chagall“, Gedichtbände „Sarmatische Zeit“ (1961), „Schattenland Ströme“ (1962), „Wetterzeichen“ (1966); „Lipmanns Leib“; „Boehlendorff und Mäusefest“; „Holunderblüte“.
Ehrungen: „Alma Johanna König Preis“ 1962, Jahrespreis der Gruppe 47, 1962.