Schon 1889 träumte der Königsberger Oberbürgermeister Selke von einem Tierpark, doch zunächst erschienen die Kosten dafür zu hoch. Ein Intermezzo gab es 1891, als einen Sommer lang im Garten der Villa Fridericia auf den Hufen Tiere zur Schau gestellt wurden. Doch dann wurde es bald ernst: im August 1895 gründete sich noch während der Nordostdeutschen Gewerbeausstellung, die aus Anlass des 50jährigen Bestehens des Gewerbevereins auf dem Gelände des späteren Tierparks stattfand, der Königsberger-Tiergarten-Verein zur Schaffung eines zoologischen Gartens. Der tierliebende Geheime Kommerzienrat Hermann Claaß (1841-1914), Apotheker, Zahnarzt und Direktor der Gewerbeausstellung, und Geheimrat Professor Dr. Maximilian Braun, Leiter des zoologischen Instituts an der Albertus Universität, wurden die ersten Direktoren. Bei der Eröffnung des Zoos am 21. Mai 1896 auf dem Gelände der Gewerbeausstellung an der Hufenschlucht belief sich der Tierbestand auf 873 Exemplare in 262 Arten, wobei bereits Großtiere wie Löwen, Tiger Leopard, Puma, Bär, Elefant, Dromedar und Känguru zu sehen waren. Der Tierbestand wurde vernehmlich von der Tierhandlung Hagenbeck in Hamburg, zwei Prachtexemplare sibirischer Tiger von Moskau erworben. Der Höchstbestand vom Jahre 1910 mit 2.162 Tieren ist später nie wieder erreicht worden. Dabei zählte der Königsberger Zoo zu den schönsten Tiergehegen Deutschlands.
Im Zweiten Weltkrieg blieb der Zoo weitgehend unbehelligt, nur die Tiere waren verschwunden bis auf das von Granatsplittern und sieben Schusswunden schwer verwundete Flusspferd Hans, das russische Militärveterinäre wieder gesund pflegten, ein Damhirsch, ein Dachs und ein Esel[1]. Hans war somit ein erster Bewohner und ist heutiges Wappentier des am 27. Mai 1947 wiedereröffneten Kaliningrader Tiergartens, der heute zwar etwas weniger Tiere zeigt, in der Fachwelt aber wieder einen guten Ruf hat. Nach einer Zeitungsmeldung vom Januar 2010 gibt es aktuell auf einer Fläche von 16,5 ha 2030 Tiere aus 305 Gattungen, davon 54 auf der Roten Liste der bedrohten Tierarten, sowie ein schönes Arboretum mit exotischen Bäumen.[2] Allerdings gibt es keine Elche mehr, auch nicht mehr den Tilsiter Elch aus Bronze, der nach Tilsit zurückkehrte. Die Gebäude sind noch weitgehend vorhanden, haben aber ihren Glanz verloren.
Einige der baulichen Einrichtungen haben überlebt. Der Haupteingang wurde nach dem Krieg mit Tierskulpturen geschmückt. Auch das Monument des Zoogründers Hermann Claaßen befindet sich hier noch. Gleich dahinter befindet sich das Freigehege der Affen. Das Raubtierhaus präsentiert sich in einem ordentlichen Zustand. Das Gesellschaftshaus wurde 2006 restauriert. Das Restaurant gebaut nach Plänen des Architekten Otto Walter Kuckuck (1871 – nach 1942), beherbergte zunächst einen Elefanten und heute die Zoo-Verwaltung.
Nach dem Übergang über die Freigrabenschlucht trifft man auf die in leidlichem Zustand erhaltene Doppelbassinanlage für Seelöwen und Eisbären. Nahe dem Gesellschaftshaus und der Leuchtfontäne steht noch das achteckige Zierfisch – Aquarium, das jetzt als Imbiss dient. Raubvogelhaus existiert wohl noch, das Elefantenhaus dagegen gibt es nicht mehr. Heute ist das ehemalige Gesellschaftshaus zum Elefantenhaus umgerüstet worden. Wo früher am großen Teich der hölzerne Aussichtsturm der Gewerbeausstellung stand, gibt es heute das Seetierhaus. Auf der anderen Seite des Tiergartens auf dem Weg zurück zum Haupteingang fehlt zwar das Affenhaus, doch entschädigt dafür die heute von Pelikanen bewohnte Stelzvogelanlage mit dem hölzernen Vogelhaus und die gut erhaltene große Bären- Freianlage aus dem Jahre 1936.
Vor dem Betonneubau des Schimpansenhauses steht heute der Orang Utan von dem Tierbildhauer Arthur Steiner (1930). Dem Andenken des ersten Tiergartendirektors wurde an der Hauptpromenade ein Gedenkstein mit der hübschen, von Walter Rosenberg geschaffenen Bronzegruppe einer Panthermutter mit einem Knaben, der ihre beiden Jungen füttert, gewidmet. Das Denkmal, am 14.Juni 1913 in Gegenwart von Claaß und seiner Gattin enthüllt, ist 1992 durch die Bemühungen des deutsch – russischen Vereins “Gedenkstätte Königsberg e.V.” (Hamburg/Kaliningrad) auf das originale Sockelfundament zurückgekehrt.
Seit kurzem unterstützt der Verein ” Freunde des Königsberger Tiergartens e.V.” in Pirmasens den Zoo mit dringend benötigten Hilfsgütern wie Spezialfutter, Medikamenten, Arbeitsgeräten und -kleidung. Auch der Junglöwe ” Donald ” wurde von der “Arche Noah “, einem Privatzoo in Grömitz, dem Tiergarten zu Zuchtzwecken gestiftet.
In der Freigrabenschlucht des Tiergartens entstand 1909 – 1913 auf Initiative von Prof. Dethlefsen das erste Freilichtmuseum Deutschlands mit 20 typischen Landhäusern, Kirchen und Scheunen aus verschiedenen Gegenden Ostpreußens. Es zog allerdings 1938 wegen akuter Platznot nach Hohenstein im Kreis Osterode um, wo es heute noch, inzwischen weiter ausgebaut, zur Besichtigung einlädt.
Unweit des Tiergartens deutet das Kosmonautendenkmal in kühner Schleife himmelwärts. Es erinnert an die Weltraumfahrten von drei Kaliningrader Bürgern: Aleksej Leonow bewegte sich 1965 als erster Mensch frei im Weltraum, Viktor Patsajew verglühte 1971 bei der Rückkehr seines Raumschiffes “Sojus XI”, und Jurij Romanenko absolvierte 1977/78 einen 96tägigen Weltraumflug
[1] Charlotte Gottschalk, Der “Zoo-Park” im heutigenKaliningrad – unser Königsberger Tiergarten, Königsberger Bürgerbrief, Sommer 2014, S. 86
[2] Wolf Oschlies, Angst um den Job kennt man hier nicht, Oprbl. Nr. 52/53/2009 (26. Dezember), S. 15