Die Erinnerung an die frühere Provinz Ostpreußen wachzuhalten ist zentraler Kernauftrag des Ostpreußischen Landesmuseums in Lüneburg. Eine zeitgemäße Erinnerungsarbeit ist mit historischer Genauigkeit verbunden. Nun wurde die bislang befristete Archivarstelle am Museum durch den Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages verstetigt. Damit kann für die Wissenschaft und für die interessierte Öffentlichkeit ein großer Bestand an Archivmaterial aufgearbeitet und zugänglich gemacht werden.
Infolge der Kriegsverheerungen, Flucht und Vertreibung bei der Eroberung Ostpreußens 1944/45 sowie einer in der Sowjetzeit dem deutschen Kulturerbe gegenüber ablehnenden Politik dort ist in erheblichem Umfang Archivmaterial zerstört worden oder verloren gegangen. Was gerettet werden konnte, ist seither verstreut und findet sich vor allem in deutschen, polnischen, litauischen und russischen Archiven. Verzeichnungen und Zitierungen aus der Zeit vor 1945 sind daher ungültig. Angesichts dieser sehr schwierigen Quellenlage überrascht es nicht, dass an hiesigen Universitäten trotz seiner großen kulturellen, wirtschaftlichen und politischen Bedeutung kaum noch zu Land und Leuten der früher östlichsten Provinz Deutschlands geforscht wird. Ohne moderne Historiographie steht aber auch jede museale Arbeit vor großen Herausforderungen.
Das Ostpreußische Landesmuseum mit Deutschbaltischer Abteilung sammelt, bewahrt und vermittelt ostpreußisches Kulturgut aus allen Epochen. Entsprechend verfügt es auch über einen großen Bestand an Archivmaterial: Briefe, Fluchtberichte, Künstlernachlässe, Dokumente, Urkunden, Karten, Postkarten, Fotografien und vieles mehr, welches insbesondere aus dem 19. und 20. Jahrhundert stammt. Vieles stammt aus Privathaushalten, aber auch aus bestehenden Sammlungen, deren Bestand sonst verloren gegangen wäre. Immer wieder erfolgen Anfragen von Wissenschaftlern aus dem In- und Ausland.
Seit 2022 ist ein Archivar am Museum angestellt, der den Bestand sichtet, sortiert, konservatorisch korrekt verpackt und in eine Datenbank verzeichnet. Mit dem neuen Erweiterungsbau für eine Dauerausstellung zu Immanuel Kant entsteht parallel auch ein professionelles Lager für Archivgut. Seither sind weitere Zugänge erfolgt, darunter bedeutende Nachlässe wichtiger Persönlichkeiten.
Mit der Sitzung des Haushaltsausschusses des Deutschen Bundestags wurde diese Stelle jetzt verstetigt. Damit ist endlich in Deutschland eine dauerhafte professionelle Archivarbeit für Ostpreußen sichergestellt, sodass die Sammlungstätigkeit fortgesetzt werden kann, aber auch Digitalisierungen und mehrsprachige Thesauri konzipiert und in den Folgejahren realisiert werden können.
Lüneburg entwickelt sich damit stetig weiter zu einem Wissenschafts- und Kompetenzzentrum für das nordöstliche Europa. Neben dem Museum zählt dazu das benachbarte Nordostinstitut (IKGN e.V.) als An-Institut der Universität Hamburg – wie das Museum vom Bundesministerium des Innern institutionell finanziert – mit einer exzellenten Fachbibliothek inklusive modernem Lesesaal, in dem übrigens auch die Bibliothekbestände des Museums eingesehen werden können.
Ein weiterer zentraler Partner ist das Carl-Schirren-Archiv im Brömsehaus, das deutschbaltisches Material sammelt und verzeichnet. Lüneburg steht damit nicht nur über seine einzigartige Altstadt, sondern auch auf wissenschaftlicher Ebene ganz in der Tradition einer europäisch wirkenden Hansestadt.
Die Ostpreußische Kulturstiftung als Museumsträgerin und das ganze Museumsteam danken den Abgeordneten des Deutschen Bundestags für diese wissenschaftlich und kulturell wichtige und zukunftweisende Entscheidung.
i.A. Raja Nicolaisen, Wissenschaftliche Volontärin
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Ostpreußisches Landesmuseum mit Deutschbaltischer Abteilung und Brauereimuseum
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