Prominentester Besitzer von Gut Neudeck war der Feldmarschall und Reichspräsident Paul von Beneckendorf und von Hindenburg . Er erhielt den alten Familiensitz, der gerade wegen hoher Verschuldung einer Bank zur Verwertung übergeben worden war, als Ehrengabe des Deutschen Volkes 1927 zu seinem 80. Geburtstag geschenkt und konnte 1 Jahr später in das neu erbaute neobarocke Gutshaus einziehen. Er genoss trotz des verlorenen Krieges die Bewunderung und das Vertrauen weiter Teile der Bevölkerung, dabei vor allem der national und konservativ eingestellten Deutschen, und war für viele Zeitgenossen die übergeordnete Autorität und Integrationsfigur, die an die Stelle des ins Exil geflüchteten Kaisers trat.
Hindenburg wurde am 2. 10. 1847 in Posen als Sohn des preußischen Offiziers und Gutsbesitzers Robert von Beneckendorff und von Hindenburg und der Arzttochter Luise (geb. Schwickart) geboren, absolvierte die damals übliche militärische Laufbahn (“Soldat zu werden war für mich kein Entschluss, es war eine Selbstverständlichkeit”), besuchte die Kadettenanstalten von Wahlstatt in Schlesien und Berlin 1859 – 1866 und nahm als junger Offizier an den preußischen Kriegen gegen Österreich 1866 und gegen Frankreich 1870/71 teil.
1881 Beförderung zum Ersten Generalstabsoffizier der 1. Division in Königsberg. Später Versetzung nach Posen und dann an den Großen Generalstab und zum III. Armeekorps in Berlin. Lehrer an der Kriegsakademie. 1889 Tätigkeit im Kriegsministerium. 1893 Oberst des Infanterieregiments 91 in Oldenburg, dann Chef des Stabes des VIII. Armeekorps in Koblenz, 1900 Kommandeur der 28. Division in Karlsruhe, 1903 Kommandierender General des IV. Armeekorps in Magdeburg und damit höchster militärischer Repräsentant nach dem Kaiser in Friedenszeiten. Nach einer solchen Karriere im Truppen- und Generalstabsbereich, die allgemein als nicht unbedingt aufsehenerregend galt, erhielt er 1911 seinen Abschied und ließ sich in Hannover nieder.
Auf Befehl der Obersten Heeresleitung im 1. Weltkrieg, die zu der Zeit ihren Sitz in Koblenz hatte, wurde der Pensionär am 22. August 1914 reaktiviert und anstelle des rückzugsgewillten Generals von Prittwitz zum Oberbefehlshaber der in Ostpreußen operierenden 8. Armee ernannt. Zusammen mit seinem Generalsstabschef Generalmajor Erich Ludendorff (1865 bei Posen – 1937 in München), der die Schlachten gegen die mit erstaunlicher Schnelligkeit von Norden und Süden konzentrisch einmarschierten Russen konzipierte, entwickelte er den Gegenangriff, wobei sich insgesamt 800.000 russische Soldaten mit 1.700 Geschützen einer vergleichsweise geringen Anzahl von 200.000 deutschen Soldaten mit 600 Geschützen gegenüber standen. Ludendorff plante als erstes die Umzingelung der südlichen russischen Armee.
Die Deutschen siegten in der am 26. August beginnenden Schlacht bei Tannenberg, der einzigen Kesselschlacht des 1. Weltkrieges, die nördlich und nordöstlich von Neidenburg stattfand, über die 2. Russische Armee des Generals Samsonow. Nachdem diese Armee ausgeschaltet war, überrannte das Team Hindenburg/Ludendorff im September 1914 in der Schlacht an den Masurischen Seen die 1. Russische Armee des Generals Rennenkampff. Aufgrund dieser Erfolge ernannte man den General v. Hindenburg im November 1914 zum Feldmarschall und übertrug ihm die Leitung über die gesamten Oststreitkräfte.
Am 29. August 1916 erhob Kaiser Wilhelm II. den Feldmarschall als Nachfolger des Generals v. Falkenhayn zum Chef des Generalstabs des Feldheeres und General Ludendorff zu seinem Ersten Generalquartiermeister. Damit traten beide in die Oberste Heeresleitung ein. Obwohl insbesondere General Ludendorff als brillanter Taktiker gerühmt wurde, gelang es ihnen nicht, den Widerstand der alliierten Franzosen, Engländer und Amerikaner militärisch zu überwinden, sondern mussten letztlich eingestehen, dass der Krieg für Deutschland verloren war.
Als das Ende absehbar war, wurde General Ludendorff im Oktober 1918 entlassen und flüchtete ins Ausland. Feldmarschall v. Hindenburg blieb dagegen Führer der Obersten Heeresleitung, die nach dem Waffenstillstand und dem Ende der Kampfhandlungen vor allem die Rückführung der Soldaten von allen Fronten bewerkstelligte. Er blieb auf diesem Posten bis zur Unterzeichnung des Friedensvertrags von Versailles im Juli 1919 und dankte dann ab.
Nach dem Tod Friedrich Eberts wurde Hindenburg 1925 und erneut 1932 zum Reichspräsidenten gewählt. Als Nachfolger des Generals v. Schleicher ernannte er am 30. Januar 1933 Adolf Hitler zum Reichskanzler, da er bürgerkriegsähnliche Unruhen befürchtete, wenn er die starke politische Rechte nicht zum Zuge kommen ließ. Die Reichswehr hatte ihn wissen lassen, dass sie sich nicht in der Lage sähe, gleichzeitig in den eigenen Reihen und nach draußen im Reich kämpfend, Deutschland gegen die radikale Rechte und die radikale Linke zu schützen. Sein politischer Ratgeber, Ex-Reichskanzler v. Papen, hatte ihm glaubhaft versichert, dass er als Vize-Kanzler mit nur drei Nationalsozialisten in der Regierung das Kabinett im Griff behalten würde.
Bei aller Popularität war Hindenburg aber, genauso wie seine Vertrauten und Berater, der politischen Aggressivität der Nationalsozialisten in keiner Weise gewachsen. Er wurde von vielen Seiten als aufrechter, geradliniger, pflichtbewusster Charakter und Ehrenmann geschildert, der seinem Staat in unbedingter Loyalität diente. Lorenz Grimoni führte aus, den Parteien in der Mitte und der gemäßigten Linken sahen in ihm bei den Reichspräsidentenwahlen 1932 den ruhenden Pol, der ihnen als Garant gegen den Radikalismus der KPD und der NSDAP galt.[1]
Solche lobenswerten menschlichen Qualitäten reichten aber nicht aus, um machtversessenen und gewissensarmen Radikalen Paroli bieten zu können und Deutschlands Schicksal nahm seinen bekannten Verlauf. Der Reichspräsident starb am 2. August 1934, ein und ein halbes Jahr nach der Ernennung Hitlers, auf seinem Gut in Neudeck und wurde mit nationalsozialistischem Pomp am 8. August in einem der Türme des Reichsehrenmals der Tannenbergschlacht bei Hohenstein – vorläufig – beigesetzt.
[1] Lorenz Grimoni, Mythos Hindenburg, Königsberger Bürgerbrief, Sommer 2014, S. 24