Die hölzerne prußische Burg Raganita wurde 1277 vom Orden niedergebrannt. An demselben Standort ließ der Landmeister des Ordens Meinhard von Querfurth 1289 eine Burg in Holz-Erde-Bauweise namens „Landeshut“ errichten. Dessen ungeachtet setzte sich der alte Name Ragnit langfristig durch. Sie wurde eine wichtige Station als Ausgangspunkt für die Litauerreisen. Deshalb wurde sie verschiedentlich und auch 1355/56 zerstört.
Der Ausbau der Burg in Stein dicht bei stand unter der Leitung des rheinländischen Baumeisters Nikolaus Fellenstein, der auch für die Erweiterung des Hochmeisterpalastes in der Marienburg verantwortlich war. Dabei sind die Maurertruppen, die gleichzeitig die Funktion von Architekten ausübten, gut dokumentiert: die Maurer-Truppe Albrecht aus Königsberg errichtete 1399 – 1403 den Rohbau, Jörgen Bescheiden 1404 – 1405 die Gewölbe und Hannus Bolle aus Danzig führte 1407 – 1408 mit seinen Leuten die Befestigungsarbeiten durch. Die Kosten für die Burg beliefen sich auf insgesamt 21.110 Mark. Sie nimmt eine Fläche von 4.000 m² ein.
Der Hauptflügel im Süden ist zum Land hin ausgerichtet. Er war ehemals in allen Stockwerken in 2 Säle gegliedert. Im Hauptgeschoß lagen Kapitelsaal und nach Osten hin die 27 m lange Kapelle. In den Mauerecken gab es Wendeltreppen zum Wehrgang.
Der Nordflügel war zum Fluss hin orientiert: im EG befanden sich Küche und Brauhaus, von hier aus führte ein Gang zum Danzker. Im Hauptgeschoß lag evtl. der Konventsremter. Die Räume verfügten über Kreuzgewölbe auf Mittelstützen.
Der Ostflügel beherbergte vermutlich im Hauptgeschoß das Dormitorium.
Im Westflügel lag der Eingang mit Granitrundbogen, Fallgitternische, im Erdgeschoß mit Torwartstube und mit Heizkammer. Von einem Raum über dem Torweg konnte man die Fallgitteranlage bedienen. In einem anderen Raum entdeckte man 1906 Wandmalereien von ca. 1408, die man Meister Peter zuschrieb, der auch in der Marienburg gewirkt hatte. Diese sind verloren.
Die Vorburg lag im Westen und schloss sich ohne Graben an. Davon ist nur der Uhrenturm erhalten.
Nach einem Brand 1445 waren erneut größere Bauarbeiten erforderlich. 1825 richtete man in der Burg ein Gefängnis ein. Nach einem Brand 1828 wurde die Anlage Sitz eines Gerichts mit Untersuchungshaft. Dabei riss man innen Gewölbe ab, legte außen die Dächer niedriger und entfernte die Giebel. Erhalten blieben im Wesentlichen die gewaltigen Hauptmauern und Teile der Vorburg wie das schlanke viereckige Türmchen.
Im 2. Weltkrieg brannte die Burg 1944/45 völlig aus und ist seitdem Ruine. Teile der Mauern wurden weggesprengt, doch die Außenmauern blieben weitgehend bis zur Unterkante des Wehrgeschosses erhalten.
Neuerdings besteht die Absicht, die Burg in Anlehnung an ihre ursprüngliche Gestalt wiederherzustellen. Dabei soll das Ziegeldach, das zu tragen für die alten Mauern zu schwer ist, durch ein leichteres Metallgerüst ersetzt werden, das die Dachsilhouette nachbildet.[1]
Im November 2010 wurde die Burg der Russisch Orthodoxen Kirche übergeben und 2019 pachtete Iwan Artjuch die Ragniter Burg langfristig. Seitdem wird mit privaten Mitteln und öffentlicher Unterstützung an der Rettung der Burg gearbeitet. Zunächst setzte man den 25 Meter hohen Uhrenturm der Vorburg instand, sanierte dessen Dach, die Treppe auf die Turmspitze und baute eine neue Uhr ein. Uhrmacher war Alexander Kutscherenko, der auch die Uhr am Königsberger Dom anfertigte und seitdem wartet. Die Ragniter Uhr wurde noch um ein Glockenspiel bereichert, das seit 2024 in Aktion ist. Im Sommer 2021 begannen die Arbeiten am Burggelände und der Burg. Dazu wurde entschieden, daß sämtliche Burgflügel rekonstruiert und restauriert werden sollen. Eine besondere Funktion erhält der 575 m² große Innenhof, der zukünftig für Großveranstaltungen gedacht ist und im ersten Stock eine Holzgalerie erhalten wird. Das Holz aus Sibirien ist bereits eingetroffen. Außerdem sind eine Bühne und ein Großbildschirm vorgesehen. Auf das einst vorhandene Ziegeldach wird man zunächst aus statischen Gründen verzichten und stattdessen ein Falschdach aus Metallpinakeln installieren, das das historische Erscheinungsbild der Burg simuliert. Die Arbeiten an der Burg sollen 2025 abgeschlossen sein.[2]
[1] Jurij Tschernyschew, Ein Waffenmuseum in der Burg, Oprbl. Nr.34/2022 (26. August), S. 13
[2] Jakow Rosenblum, Burg Ragnit: Eine Ruine mit Zukunft, Land an der Memel, Pfingsten 2024, S 100 ff