Der masurischer Lyriker, Essayist und Übersetzer Richard Anders
25.04.2020
Richard Anders (25. 4. 1928 – 24. 6. 2012) wurde in Ortelsburg als Sohn des reichen Holzkaufmanns und Ratsmitglieds Richard Anders (22. 3. 1856 – 19. 1. 1934), der den Ortelsburgern 1906 sogar einen Park gestiftet hatte, geboren. Er hatte aber von Anfang an offenbar Probleme mit seiner psychischen Konstitution. So bekam er Privatunterricht, weil er die Raubeinigkeit seiner Mitschüler nicht ertrug. Die Familie floh 1945 vor der heranrückenden Roten Armee, wobei der Vater ums Leben kam. Richard wurde in Verden noch zum Militärdienst verpflichtet, desertierte jedoch, wurde aufgegriffen und zum Tode verurteilt, entkam seinen Schergen aber im Chaos der letzten Kriegstage. Nach einem erfolglosen Schulbesuch und einer abgebrochenen Buchhändlerlehre machte er doch noch sein Abitur auf einem Abiturientenlehrgang für Kriegsteilnehmer in Delmenhorst. Es folgte der Beginn des Studiums in Hamburg, zunächst Psychologie, später Germanistik und Geographie in Münster, das er jedoch abbrach, genauso wie den weiteren Versuch einer Lehre im mittleren Bibliothekarsdienst in Köln. Letztendlich gelang ihm jedoch, das erste Staatsexamen für das Höhere Lehramt in Hamburg zu bestehen.
Das folgende Referendariat brach er ab, ging als Deutschlehrer nach Athen, später als Deutschlektor an der Universität Zagreb, war von 1965 bis 1969 Archivlektor beim „Spiegel“ und bei der „Welt“ und lebte ab 1970 als freier Schriftsteller in Berlin. Über den kroatischen Dichter Radovan Ivsic, der in Paris lebte, bekam er Kontakte zu den französischen Surrealisten, die sein Werk stark beeinflussten und befruchteten. 1969 erschien sein erster Gedichtband „Die Entkleidung des Meeres“. Er veröffentlichte sechs Gedichtbände, zuletzt 1998 „Die Pendeluhren haben Ausgangssperre“. Sein Roman „Ein Lieblingssohn“ trägt stark autobiographische Züge. Anders wurde 1998 mit dem Wolfgang-Koeppen-Preis der Hansestadt Greifswald ausgezeichnet und erhielt am 29. Juni 2007 von der Akademie der Künste in Berlin den mit 5000 Euro dotierten F.-C.-Weiskopf-Preis.