Masuren wie in einem Medaillon bewahrt
06.08.2012
Wolfgang Koeppen (23. 6. 1906 – 15. 3. 1995) wurde als uneheliches Kind in Greifswald geboren, 1908 zogen Mutter und Kind zur Stiefschwester nach Thorn, 1912 nach Ortelsburg, wo der Junge das Realgymnasium besuchte und in dieser Zeit bleibende Eindrücke von Masuren sammelte. Mit einem Einzelblattprospekt samt Foto warb der angesehene jüdische Berliner Verlag Bruno Cassirer, wo schon Koeppens erster Roman “Eine unglückliche Liebe” erschienen war, im Sommer 1935 für Wolfgang Koeppens zweiten Roman “Die Mauer schwankt”. Derweil lebte der bereits im Exil in Holland, suchte aber nach einem Weg der Anpassung, um trotzdem in Deutschland publizistisch in Erscheinung zu treten. Koeppens deshalb stramm deutschnationaler, dabei stilistisch bestechender Bericht galt dem bevorstehenden “Tag von Tannenberg”, an dem erstmals Reichspräsident Paul von Hindenburg offiziell für seinen Sieg über die Russen gefeiert werden sollte. Ortelsburg im südlichen Masuren war im Ersten Weltkrieg zerstört worden. Der Wiederaufbau wurde gehörig propagandistisch instrumentalisiert, unter anderem mit einer “Ostpreußenhilfe”. Die Kapitalen Berlin und Wien ernannten sich 1915 zu Partnerstädten des malerisch an zwei Seen gelegenen, verträumten Landstädtchens, das auf Polnisch Szczytno heißt. Den ganzen Bericht lesen Sie hier.
Buchinfos:
Wolfgang Koeppen: Die Mauer schwankt. Roman. Herausgegeben von Jörg Döring. Suhrkamp Verlag, Berlin 2011 (Band 2 der 16-bändigen Werkausgabe), 425 Seiten, 34,90 Euro
(Rezension von Katrin Hillgruber im Deutschlandfunk, 4. 8. 2012)