Otto Braun aus Königsberg, Ministerpräsident von Preußen
03.01.2022
Otto Braun (28. 1. 1872 – 15. 12. 1955) wurde in Königsberg als Sohn des bei der Eisenbahn angestellten Schrankenwärters Carl Otto Braun geboren. Der war zuvor selbständiger Handwerker gewesen, was die Familie als sozialen Abstieg empfand.
Schon als junger Mann von 16 Jahren wurde Otto Braun 1888 Sozialdemokrat. Er lernte Steindrucker und Schriftsetzer, gefolgt von einer Lehre als Buchdrucker. Zusammen mit dem Uhrmacherlehrling Ludwig Quessel gründete er den „Leseclub Kant“, aus dem der sozialdemokratische Bildungsverein in Königsberg hervorging. Eines der wenigen anfänglichen Mitglieder war Hugo Haase (1863 – 1918), der spätere Parteivorsitzende der SPD. Braun war in diesen jungen Jahren ziemlich radikal und kämpfte gegen das Dreiklassenwahlrecht, das den Sozialdemokraten die angemessene Repräsentanz im Preußischen Parlament verwehrte. Man wählte ihn in den Vorstand des Arbeiter-Wahlvereins und Braun wurde einer der erfolgreichsten Wahlkämpfer der SPD in Ostpreußen. Er gründete die „Arbeiter-Wahlzeitung“ auf eigene Kosten und eigenes Risiko. Daraus ging sehr bald die „Volkstribüne“ hervor, das publizistische Sprachrohr der Arbeiterbewegung in Ostpreußen. Als zweiter Redakteur neben Braun wurde Gustav Noske, der spätere Reichswehrminister, eingestellt.
Braun war dann Geschäftsführer der Allgemeinen Ortskrankenkasse in Königsberg. Durch sein Organisationstalent und seine Tatkraft stieg er schnell auf und wurde Führer erst der Landarbeiterschaft und dann bereits mit 26 Jahren Vorsitzender des SPD-Bezirks Ostpreußen. 1911 rückte er als Kassierer in den SPD-Parteivorstand auf. Man wählte ihn zum Mitglied des Preußischen Abgeordnetenhauses, später des Reichstags. Dabei gehörte er zur Mehrheitsfraktion der SPD, die die Kriegspolitik des Kaiserreichs unterstützte.
Nach der Revolution im Anschluss an den ersten Weltkrieg war er zunächst Landwirtschaftsminister der sozialdemokratischen Regierung und ab 1920 dann Ministerpräsident Preußens bis zu Papens „Preußenschlag“ 1932. Braun war ein Realpolitiker, dem es gelang, das fragile Bündnis mit dem katholischen Zentrum als politische Konstante bis in die Endphase der Weimarer Republik zu bewahren. Gegen heftige Widerstände aus der Verwaltung und den bürgerlichen Parteien bemühte er sich darum, nachzuholen, was seine Partei in der Phase der Revolution versäumt hatte: den Staatsapparat zu demokratisieren. Es gab eine Bodenreform und eine demokratische Reform des Schulwesens. Die Preußische Polizei wurde reorganisiert und war so eine wesentliche Stütze der Weimarer Republik. Braun ließ 1929 den rheinisdhen Stahlhelm verbieten und setzte in der Endphase der Weimarer Republik ein reichsweites Verbot der SA durch. Sein Versuch, Preußen als demokratisches Bollwerk zu etablieren, zeigte aber nicht den erhofften Erfolg. Stattdessen zog er sich die Feindschaft der Nationalsozialisten und der konservativen Rechten zu, was dazu führte, dass er auf Betreiben von Reichskanzler v. Papen von Reichspräsident v. Hindenburg als Ministerpräsident von Preußen abgesetzt wurde.
Zu diesem Zeitpunkt war Otto Braun nur noch geschäftsführend im Amt, denn bei der Wahl vom 24. 4. 1932 hatte die Weimarer Koalition unter Führung der SPD die absolute Mehrheit verloren. Außerdem war er schwer erkrankt. Diese Situation nutzte Reichskanzler v. Papen, die preußische Regierung durch eine Notverordnung des Reichspräsidenten zu entlassen, mit dem Argument, die Ruhe und Ordnung im Land nach dem „Altonaer Blutsonntag“, bei dem 18 Menschen erschossen worden waren, wiederherzustellen. Dem Ministerpräsidenten wurde seine Entlassungsurkunde an seinem Krankenbett zugestellt und gleich sein Dienstwagen einkassiert. Braun versuchte, gegen die Entlassung der Preußischen Regierung bei den Reichsgerichten vorzugehen. Der Staatsgerichtshof gab ihm auch recht, urteilte aber, dass man das Ergebnis dieses „Preußenschlags“ hinnehmen müsse. Er blieb zwar formal noch Ministerpräsident, war aber völlig machtlos. Nach der Machtergreifung der Nazis wich Otto Braun dem brutalen Regiment Hermann Görings aus und ging am 4. März 1933 ins Schweizer Exil. Er starb am 15. Dezember 1955 in Locarno. Seine Asche wurde im Lago Maggiore versenkt. Als sein letzter Wille ist der Wunsch überliefert, dass Preußens demokratische Sendung verwirklicht werde.