Eduard von Simson

Eduard von Simson

10.11.2020

Eduard Simson (10. 11. 1810 – 2. 5. 1899), geboren und aufgewachsen in dürftigen Verhältnissen in der Brodbänkenstrasse gegenüber dem kneiphöfischen Rathaus in Königsberg, wurde als Sohn eines jüdischen Kaufmanns und späteren Wechselmaklers mit 13 Jahren evangelisch getauft. Die Mutter entstammte der Familie Friedländer. Er besuchte das Fridericianum, legte mit 15 Jahren die Reifeprüfung ab und studierte ab 1826 mit 16 Jahren Nationalökonomie, später Jura an der Albertina, die er nach der Promotion 1829 mit 19 Jahren verließ.

Gleich nach dem Studium begab er sich mit einem königlichen Stipendium auf eine Studienreise nach Deutschland zu den Universitäten Göttingen und Bonn mit Abstecher nach Paris. Mit einer Empfehlung Zelters versehen gratulierte er Goethe in Weimar zu dessen 80. Geburtstag am 28. 8. 1829. Nach Königsberg zurückgekehrt unterrichtete er ab 1831 zunächst als Privatdozent, ab 1833 als außerordentlicher Professor und ab 1836 als ordentlicher Professor an der Albertina Rechtswissenschaft. Hier vertrat er liberale Rechtsauffassungen. Außerdem wurde er als Richter eingesetzt. Seit 1834 war er mit Clara Warschauer, der Tochter eines Königtsberger Bankiers, verheiratet.

1846 wurde er Stadtverordneter. 1847 Reise nach England, wo er sich Kenntnisse des englischen Rechts aneignete. Am 22. April 1848 wurde er als Abgeordneter von Königsberg in die Deutsche Nationalversammlung in der Frankfurter Paulskirche gewählt (mit vier Stimmen mehr als Jacoby), wo er sich als Meister der Rede einen Namen machte. Am 18. 12. 1848 Wahl zum Präsidenten der Nationalversammlung und als Vertreter des bürgerlichen Flügels der gemäßigten Liberalen Leiter der Parlamentarierdelegation, die König Friedrich Wilhelm IV. am 3. 4. 1849 vergeblich die deutsche Kaiserkrone anbot.

Zurück aus Frankfurt widmete er sich der Arbeit in der Preußischen zweiten Kammer und übernahm 1850 die Präsidentschaft des Erfurter Parlaments der preußisch-kleindeutschen Union und dem nachfolgenden Norddeutschen Reichstag. 1855/56 Prorektor der Königsberger Universität. 1859 Wahl in den Preußischen Landtag,

1860 Wahl zum Präsidenten des Preußischen Abgeordnetenhauses. Ende 1860 wurde ihm die Stelle als Vizepräsident des Appellationsgerichts in Frankfurt/Oder angeboten, die er annahm, um Berlin näher zu sein, und gab gleichzeitig seine Professur in Königsberg auf. Er zog mit Frau Clara und seinen sieben Kindern nach Frankfurt/Oder um. 1869 wurde er Präsident dieses Gerichts in Frankfurt/O. In dieser Zeit bemühte er sich um ein eigenes Haus und fand es in der Straße Halbe Stadt 20, das er 1871 kaufte. Er führte dort ein offenes Haus, förderte Künstler, sorgte sich um das Ansehen von Heinrich von Kleist, um den sich sonst niemand dort kümmerte, und war 1860 Gründungsmitglied des Frankfurter Historischen Vereins. In Würdigung seines Engagements für die Stadt ernannte ihn Frankfurt 1873 zum Ehrenbürger. 1879 verließ Simson Frankfurt aus beruflichen Gründen, weil das Apellationsgericht mit dem Berliner Kammergericht zusammen geschlossen und in Frankfurt aufgelöst wurde.

In den 1860er Jahren gehörte er im preußischen Verfassungskampf zum Widersacher Bismarcks, mit dem er sich erst nach Vollendung der deutschen Einheit versöhnte. Mitbegründer der Nationalliberalen Partei. Gegner der Bismarckschen Polenpolitik und der von Bismarck betriebenen Annexion Schleswig-Holsteins. Als Parlamentspräsident war Simson Leiter einer parlamentarischen Delegation, die Wilhelm I. im Dezember 1870 – vergeblich – den deutschen Kaisertitel antrug, was stattdessen durch die deutschen Fürsten in Versailles erfolgte.

Auf Empfehlung Bismarcks Wahl zum ersten Präsidenten des Deutschen Reichstags 1871 – 1874. 1877 schied er aus gesundheitlichen Gründen aus dem Reichstag aus. Wieder auf Empfehlung Bismarcks 1879 – 1891 erster Präsident des neu gegründeten Reichsgerichts in Leipzig, wo er den 4. Zivilsenat übernahm, und Umzug von Frankfurt/Oder dorthin. 1888 von Kaiser Friedrich III. Verleihung des Schwarzen Adlerordens und Versetzung in den damit verbundenen Stand des erblichen Adels. 1890 Schlaganfall, weshalb er auf eigenen Wunch das Reichsgericht verließ. Begraben wurde Eduard von Simson auf dem Belle-Alliance-Friedhof in Berlin. Der Soziologe Max Weber bezeichnete Simson, der 1823 konvertierte, in seiner Biographie als Musterbild eines jüdischen Assimilierten im 19. Jh.