Literatur: Die Grasberger Psychologin Christa Malitz-Picard legt nach fünfjähriger Recherche ihr Buch zur eigenen Familiengeschichte vor
12.01.2012
Christa Malitz-Picard recherchierte im Internet, wälzte Steuertabellen, Statistiken und Register in den Archiven von Leipzig, Berlin und Salzburg und fuhr zu zwei Bauernhöfen im Salzburger Land. Dort, mehr als 1000 Meter hoch, begann die Geschichte der Familie Trinker, die innerhalb von 200 Jahren zweimal zu einer Geschichte von Vertreibung, Flucht und Zusammenhalt werden sollte.
Im Jahr 1731 mussten die unbeugsam protestantischen Familien Höfe und Heimat verlassen, nur mit dem, was sie tragen oder, wenn besser situiert, auf ein Pferdegespann laden konnten. Preußen nahm die sogenannten Exulanten auf und siedelte sie im von Krieg und Pest stark entvölkerten Ostpreußen an. Beim Übertritt aus dem Salzburger Land ins Preußische wurden aus den Drinkhers die Trinkers. Aus den Stammbäumen ihrer Vorfahren, aus dem Archiv- und Internetwissen sowie aus Bildbänden mit historischen Kupferstichen und Geschichtsbüchern entstanden jene Familienmitglieder, anhand derer sie dieses Stück Zeitgeschichte lebensnah erzählt. Oftmals aus Sicht der Frauen.
Nicht nur Familiäres bietet das Buch. Es gewährt Einblicke in die Denkweisen der Zeit im Hinblick auf Bildungschancen für Mädchen. Es erzählt von den Schulgründungen der Salzburger und der schleichenden Verdrängung der polnischen Sprache aus dem öffentlichen Leben Ostpreußens und gipfelt im Zweiten Weltkrieg.
Die Familie Trinker hat vollständig die Flucht aus Ostpreußen überlebt. In Schleswig-Holstein fand sie wieder eine Heimat. Dort treffen sich regelmäßig etwa 50 von 200 Trinkers.
Christa Malitz-Picard: “Unfreiwillige Wege – Auf den Spuren der Familie Trinker”, Schardt Verlag Oldenburg, 15 Euro
(Weser Kurier, 12. 1. 2012)