Hans Jürgen Wischnewski (24. 7. 1922 – 24. 2. 2005) wurde in Allenstein geboren und feierte noch 2002 – hochgeehrt – seinen 80. Geburtstag. Aus seiner Jugendzeit hat Wischnewski nur wenig bekannt werden lassen. Mit fünf Jahren kam er nach Berlin. 1941 Abitur, dann Soldat, zuletzt Oberleutnant mit EK 1. Nach 1945 landete er mittellos in Köln, wurde 1946 Mitglied der IG Metall und der SPD, 1953 – 1959 IG Metall-Sekretär, brachte es 1959 – 1961 zum Juso-Bundesvorsitzenden und beteiligte sich an den frühen Aktionen gegen Atombomben. 1957 wurde er erstmals in den Bundestag gewählt, dem er bis 1990 angehörte. 1961-1965 Mitglied im Europäischen Parlament (Sozialistische Fraktion).
1966 drängte die Verabschiedung der Notstandsgesetze. Wischnewski trat in dieser Phase in das vom Chef der IG-Metall geführte Kuratorium gegen die Notstandsgesetze ein. 1966 – 1968 Bundesminister für Wirtschaftliche Zusammenarbeit, 1968 – 1971 Bundesgeschäftsführer der SPD. Dergestalt arriviert, ließ er sich von seiner Ablehnung der Notstandsgesetze abbringen. In der Uni Köln wurde er deshalb von der SPD-Linken niedergebrüllt und mit Tomaten beworfen. Die Wiederwahl in den Bundestag 1969 sicherte jedoch Herbert Wehner. 1970-1985 Mitglied im SPD-Parteivorstand und SPD-Parteipräsidium.
Schon seit der späten Adenauerzeit knüpfte er Kontakte in die arabischen Länder und es gelang ihm im Laufe der Zeit, das Vertrauen etlicher einflussreicher Araber und ihrer Führer zu erlangen. Von Kanzler Willy Brandt “Ben Wisch” getauft, wurde er nach dessen Sturz vom nachfolgenden Kanzler Helmut Schmidt 1974-1976 als Parlamentarischer Staatssekretär im Auswärtigen Amt mit dem TitelStaatsminister in die Regierung aufgenommen. 1976-1979 und 1982 Staatsminister im Bundeskanzleramt. Bei der Schleyer-Entführung 1977 sondierte er – allerdings erfolglos – bei seinen arabischen Freunden, ob eines der Länder bereit wäre, die in Stuttgart einsitzenden Terroristen aufzunehmen
Am 13. Oktober 1977 wurde die Lufthansa-Maschine Landshut auf dem Weg von Mallorca nach Frankfurt von vier palästinensischen Terroristen, die mit der RAF sympathisierten, entführt. An Bord der Maschine befanden sich 91 Menschen. Mit der Entführung wollten die Luftpiraten ihre deutschen Freunde unterstützen und Baader, Ensslin und Raspe freipressen. Nach der Befreiung der Landshutgeiseln in Mogadischu war das Leben des am 5. September entführten Hanns-Martin Schleyer, Präsident von BDA und BDI, erst recht gefährdet. Und am 18. Oktober wurde schließlich seine Leiche gefunden. Am Morgen nach dem 18. Oktober wurden Andreas Baader, Gudrun Ensslin und Jan-Carl Raspe tot in ihren Zellen gefunden.
An dieser turbulenten Zeit hatte Hans-Jürgen Wischnewski aktiv Anteil, als er von Bundeskanzler Schmidt der entführten Maschine hinterhergeschickt worden war. Er berichtete von den komplizierten Verhandlungen zwischen ihm, den Entführern und den verschiedenen Regierungen des Nahen Ostens, da die Landshut bald Europa verlassen hatte und sich zunächst in Dubai aufhielt, bevor sie schließlich aufgrund von Treibstoffmangel in der somalischen Stadt Mogadischu notlanden musste. Die somalische Regierung habe das Flugzeug zunächst selbst stürmen wollen, so Wischnewski. Er habe ihnen jedoch klar machen können, dass die GSG 9 dafür kompetenter wäre, was die Somalis einsahen. Den Entführern in der Landshut wurde mitgeteilt, dass man auf ihre Forderungen eingehen werde, was sie fröhlich machte und unvorsichtig werden ließ. Plötzlich fielen Schüsse. Die Männer der GSG 9 waren da.
Mit dem Sturz der Regierung Schmidt 1982, endete Wischnewskis Laufbahn als Regierungsmitglied, nicht jedoch als Parteisoldat. 1979-1982 Stellvertretender SPD-Parteivorsitzender, 1984-1985 SPD-Schatzmeister. Außerdem war er Präsident der Deutsch-Arabischen Gesellschaft, Mitglied im Präsidium der Deutsch-Tunesischen Gesellschaft, 1964-1966 und 1970-1971 Präsident des Kuratoriums der deutschen Stiftung für Entwicklungshilfe, 1992-1996 Vorsitzender des Deutschen Komitees “International Decade For Natural Disaster Reduction (IDNDR)”. Im Streit mit Hans-Jochen Vogel schmiss er 1985 alle Parteiämter hin. Seine Bundestagsbewerbung wurde 1990 nicht erneuert.
Wischnewski hatte immer noch – trotz des hohen Alters – gute Kontakte zu prominenten Vertretern arabischer Länder. Das qualifizierte ihn als Berater für deutsche Firmen im arabischen Raum.