Geschichte von Tolkmicko – Tolkemit
Die Gegend um Tolkemit ist uraltes Siedlungsland. Belegt wird dies durch die Burg Tolkemita, die sich einige Kilometer südlich von Tolkemit befindet. Diese ist in den Jahren 1925 und 1926 von den Archäologen Prof. Ehrlich und M. Ebert ausgiebig untersucht worden. Dabei fand man eine älteste Siedlungsschicht aus der frühen Eisenzeit (ca. 800 – 500/400 v. Chr.), gefolgt von einer zweiten Siedlungsschicht aus der frühen Völkerwanderzeit (5. bis 6. Jh. n. Chr.) und eine dritte Siedlungsschicht aus der Prußischen Spätzeit (12. bis 13. Jh. n. Chr.)
Der Ort Tolkemit erhielt 1296 die Stadtgründungsurkunde nach kulmischem Recht. Diese ging verloren, weshalb 1351 erneut ein Privileg ausgestellt wurde. Der Name des Ortes ist prußischen Ursprungs, denn eine halbe Stunde südlich der Stadt gab es eine prußische Fliehburg, die den Namen “Tolkemita” trug.
Bis 1466 saß in Tolkemit der Waldmeister der Komturei Elbing, der zuvor auf dem Hof Cadinen residierte. Ähnlich Cadinen verpfändete der Orden den Ort im 15. Jh. an die Familie Baysen. Nach dem 2. Thorner Frieden wurde Tolkemit unter polnischer Oberhoheit ein Starostensitz, fiel 1508 – 1569 an das Domkapitel des Ermlands, war 1626 – 1660 von den Schweden besetzt und kam zusammen mit Elbing 1772 an Preußen.
1694 zerstörte ein großer Stadtbrand die Hälfte der Häuser und das Pfarrhaus. Einen weiteren Großbrand erlebte die Gemeinde am 29. 7. 1767, als neben vielen Häusern auch noch das Rathaus, die Kirche und die Schule eingeäschert wurden. Während der Großen Pest 1709/10 starb in Tolkemit die Hälfte der Einwohner.
Die Tolkemiter lebten von der Fischerei, später auch vom Bierbrauen und dann von der Töpferei und der Produktion von Ziegeln, denn am Fuße der Elbinger Höhen traten größere Mengen keramischer Tone zutage. Im 19. Jh. war Tolkemit ein Zentrum für den Bau von Holzschiffen am Frischen Haff (sog.Tolkmiter Lommen), die relativ große Mengen Fracht fassen konnten. Vom kleinen Hafen, 1862 – 1864 angelegt, gab es eine Dampferverbindung über das Frische Haff nach Krynica Morska – Kahlberg, z. Zt. – 2003 – jedoch nicht. Wenn man den Dampfer für die Überquerung des Frischen Haffs nehmen will, muss man sich entweder nach Elbing oder nach Frauenburg begeben.
1900 wurde Tolkemit an die Haffuferbahn angeschlossen. Die Haffuferbahn ist vor allem dem Engagement von Ernst Hantel, Mühlenbesitzer in Frauenburg, zu verdanken, der Ende des 19. Jhs. gegen den starken Widerstand des Frauenburger Domkapitels den Bau durchsetzte. 1899 wurde die 48 km lange Strecke zwischen Elbing und Braunsberg eingeweiht, die, anders als die Ostbahn, am Haffufer entlang führte. Betrieben wurde die Strecke von der “Haffuferbahn-Aktien-Gesellschaft”, deren Geschäftsführer Hantel bis zu seinem Tod 1927 war. Das Kürzel HUB wurde im Volksmund interpretiert als “Hantel Und Baum”, aber auch als “Hat UnterBilanz”, weil sie chronisch defizitär war. Baum war der verantwortliche Baumeister für die Bahn, die von der Ostdeutschen Eisenbahngesellschaft in Königsberg verwaltet wurde. Die Kleinbahn erhielt die Normalspur, um den Anschluss an die Ostbahn problemlos zu ermöglichen, was vor allem für die Schichau-Werke wichtig war.[1] Der Fahrzeugpark umfasste 1939 neun Dampflokomotiven, 26 Personen-, 3 Pack- und 111 Güterwagen. Nach dem 2. Weltkrieg wurde die Bahn wieder in Betrieb genommen, dieser aber ab 2005 verschiedentlich und partiell eingestellt.[3]
Im Februar 1945 gab es in Tolkemit schwere Kämpfe, bei denen die sowjetischen Truppen hier an das Frische Haff vorstießen und so die Landverbindung entlang der Küste, die viele Flüchtlinge genutzt hatten, unterbrachen. Den Zerstörungen fiel auch das Rathaus zum Opfer.
In Tolkemit wirkte Pfarrer Simon Grunau (1470 – 1531), der auf Basis seiner prußischen Abstammung eine Liste mit 800 prußischen Begriffen aufstellte und außerdem eine, allerdings umstrittene, prußische Chronik anfertigte.[2]