Erfolgreiche “Internationale Musiktage in Warpuhnen”

Zu den viertägigen „Internationalen Musiktagen in Warpuhnen“ vom 04.07.08.2022 kamen über 600 Gäste in die einst totgesagte ev. Kirche nach Warpuny/ Warpuhnen in Masuren, die in diesem Jahr ihr 140. Bestehen feiert. Aus Deutschland, der Schweiz und den Niederlanden reisten ehemalige Warpuhner an und Gäste, die einen persönlichen Bezug zu der Kirche haben, weil sie selbst dort getauft, konfirmiert oder die Eltern oder Großeltern dort getraut wurden.
Die Kirche wurde vom Verein Freunde Masurens e.V. vor 10 Jahren vor dem Verfall gerettet. Durch Fördermitteln vom Bundesamt für Kultur und Medien in Bonn, dem Gustav-Adolf-Werk und dem Martin-Luther-Bund konnte 2019 der Kirchturm komplett saniert werden. Im letzten Jahr wurden alle fünf Türen und die drei wertvollen bunten Glasfenster über dem Altar restauriert. Durch private Spendengelder in Höhe von 35.000 € wurde die durch Feuer und Löschwasser ziemlich stark beschädigte Terletzki-Orgel 2010 repariert. In diesem Jahr soll auch noch das gesamte Dach erneuert werden.
In Zusammenarbeit mit dem Verein Freunde Masurens und dem Kulturreferat am Ostpreußischen Landesmuseum in Lüneburg begannen die Musiktage am Donnerstag pünktlich mit einem interessanten und vielfältigen Rahmenprogramm. Pastor Fryderyk Tegler, der ebenfalls in dieser Kirche getauft, konfirmiert und getraut wurde, begrüßte die vielen Gäste aus dem In- und Ausland und wünschte allen Freude an den Veranstaltungen der nächsten Tage. Auch die Landrätin von Mrągowo/Sensburg,
Frau Barbara Kuźmicka-Rogala, war unter den anwesenden Gästen.
Mit einer Power-Point-Präsentation zeigte Kerstin Harms, Vorsitzende des Vereins Freunde Masurens, Bilder vom Zustand der Kirche, wie sie sie vor über 10 Jahren vorgefunden hatte. Hohe Laubberge und Unrat, sowie eingeschlagene Fenster und kaputte Türen hielten sie dennoch nicht davon ab, auch das Schöne und Erhaltene der über 100 Jahre alten Kirche zu sehen, wie z. B. den Altar mit dem wunderschönen Bild von dem Auferstandenen mit Maria Magdalena und die drei bunten Glasfenster über dem Altar.

Als die drei Originalglocken ertönten, die einst in dieser Kirche zu vielen Anlässen geläutet hatten und die jetzt in der ev. Kirche in Cisownica in Schlesien ihren Dienst verrichten, liefen bei vielen Tränen der
Wehmut.

Im Anschluss gab Dr. Susanne Borrek, Mitglied des Vereins Freunde Masurens, ein sehr vielfältiges
wunderschönes Konzert mit Orgelstücken von Johann Pachelbel, Dietrich Buxtehude, Johann Sebastian  Bach, Felix Mendelssohn-Bartholdy, Gustav Adolf Merkel, Max Reger und William Lloyd Webber. Dr.Susanne Borrek nimmt seit drei Jahren auf Wunsch des Vereins Orgelunterricht und weihte die im Jahr 2020 restaurierte Orgel zum 10-jährigen Vereinsjubiläum in dieser Kirche ein.
Der polnische Chor Schola Vocale und die M.A.Z.I-Band unter der Leitung von Cezary Nowakowski aus Mrągowo, der bereits schon mehrere Konzerte in der Kirche mit der hervorragenden Akustik gegeben hat, band auch das Publikum bei einigen Liedern mit ein und begeisterte mit seinem Können und Temperament.
Danach konnte sich jeder alte Fotos aus dem Kirchspiel von Warpuhnen ansehen, die auf Staffeleien von Alfred Siwik in der Kirche ausgestellt waren.
Am Freitag trat BernStein (Bernd Krutzinna) auf und nahm mit seinen selbstkomponierten Liedern und den dazu passenden Bildern die Menschen in der Kirche mit in das alte Ostpreußen und das gegenwärtige Masuren. Die Stimme von Krutzinna mit Liedern über die alte Heimat, wie zum Beispiel „Fahr einmal nach Masuren“, „Ännchen von Tharau“ oder „Nach der Heimat zieht`s mich wieder“ begeisterte die Zuhörer und auch die polnischen Gäste waren von seiner Musik sehr angetan.

Nach einer kurzen Pause gab es einen interessanten Vortrag von dem Historiker Dr. Ralf Meindl zum Thema „Die Geschichte von Ermland und Masuren am Beispiel von Olsztyn/Allenstein“. Sein Vortrag wurde illustriert mit altem Bildmaterial und Statistiken über die Vergangenheit und Gegenwart von Ermland und Masuren.

Bei dem anschließenden Sektempfang vor der Kirche entwickelten sich viele Gespräche, man traf auf alte
Bekannte und neue Freundschaften wurden geschlossen.

Am Samstag wurden die Musiktage durch Hans-André Stamm, Leverkusen, Orgel und Karen Sokoll, Potsdam, deren Großeltern in dieser Kirche getraut wurden, mit Orgel und Gesang, bereits um 11.00 Uhr fortgesetzt aus Werken von Jean Adam Guilain, Samuel Scheidt, Johann Pachelbel, Alessandro Scarlatti, Johann Sebastian Bach, Felix Mendelssohn-Bartholdy, Wolfgang Amadeus Mozart und auch aus Stamms 
eigenen Kompositionen. Die Kirchenbesucher, darunter die Familie von Karen Sokoll aus der Schweiz und ihr Vater, Prof. Günther Sokoll, waren von dem Konzert sehr angetan.
Cornelia Pieper, Generalkonsulin der Bundesrepublik Deutschland in Danzig, begrüßte als Schirmherrin der „Internationalen Musiktage in Warpuhnen“ die Gäste sehr herzlich und freute sich über die vielen Besucher, die zu den Musiktagen gekommen waren. Sie dankte den Organisatoren, dem Verein Freunde Masurens, Kerstin Harms und Pastor Fryderyk Tegler, sowie Agata Kern vom Kulturreferat am Ostpreußischen Landesmuseum für das interessante und vielfältige Programm mit Musik und Vorträgen.

Danach zeigte der Orgelbaumeister Andrzej Kowalewski, der die Orgel im Jahre 2020 restauriert hat, Bilder von seiner monatelangen Arbeit. Er hat das ganze Instrument in Einzelteile auseinandergebaut, restauriert und Teile nachkonstruiert, die nicht mehr zu reparieren waren. Die Orgel war vor einigen Jahren Opfer eines Brandanschlags durch Jugendliche geworden. Die Brand- und Wasserschäden an dem Holz waren immens, sodass es an ein Wunder grenzt, dass diese Schäden wieder behoben werden konnten und die Orgel so wundervoll in der Kirche erklingt.

Zum Mittag gab es im Dorfgemeinschaftshaus gegenüber der Kirche Erbsensuppe und den landestypischen Borschtsch (Rote-Bete-Suppe). Beim geselligen Beisammensein ergaben sich viele interessante Gespräche. Für Fortführung des Musikprogramms sorgte anschließend der Chor des Sozialkulturellen Vereins aus Giźycko mit ihren fröhlichen deutschen und polnischen Liedern. Wieder in der Kirche ging es weiter mit dem berührenden Orgelspiel von Ruslan Kozynko.

Nach einer Kaffeepause im Dorfgemeinschaftshaus mit selbstgebackenem Kuchen von den Landfrauen aus dem Dorf Warpuny stellte Ania Baziuk, eine aus der Ukraine geflüchtete junge Künstlerin, dort einige ihrer Werke aus, die von einigen Gästen auch käuflich erworben wurden.

Um 17.00 Uhr begann dann das große Abschlusskonzert der Musiktage mit Prof. Dr. Neithard Bethke und Anja Uhlemann. Prof. Bethke ist Kirchenmusikdirektor, Organist, Komponist, Cembalist, Dirigent und war zuletzt Domorganist und Kapellmeister am Ratzeburger Dom. Zurzeit leitet er den Akademischen Chor in Zittau/Görlitz, in dem auch Anja Uhlemann als Altistin singt.

Bethke, dem die Orgel in Warpuny aus früheren Konzerten bekannt war, spielte Werke von Vincent Lübeck, Guiseppe Torelli, Johann Sebastian Bach, Joseph Haydn und Alessandro Stradella sowie eigene Kompositionen. Anja Uhlemann füllte die Kirche mit ihrer schönen Altstimme und begeisterte das dankbare Publikum. Es war ein gelungener Abschluss der Musiktage, die mit dem Lied „Guten Abend, gute Nacht“ nach Orgelklängen von Neithard Bethke endeten.

Mit dem festlichen ökumenischen Dankgottesdienst am Sonntag endeten die erfolgreichen „Internationalen Musiktage in Warpuhnen“. In die mit vielen Gottesdienstbesuchern aus Nah und Fern voll besetze Kirche war auch der Landesbischof Jerzy Samiec aus Warszawa/Warschau gekommen. Die Predigt hielt Bischof Paweł Hause in polnisch und deutsch und durch die Liturgie führten die Pastoren Fryderyk Tegler und Krzysztof Mutschmann. Die Kollekte für die Renovierung des Kirchendaches erbrachte 823 €. Als Ausklang der Musiktage waren das Orgelspiel von Matthias Böhlert aus Salzwedel und der Gesang von Bernd Krutzinna in den Gottesdienst integriert.

Nachsatz!

Zur rechtlichen Situation der Kirche in Warpuny/Warpuhnen

Am 25.03.2022 wurde die ev. Kirche in Warpuny/Warpuhnen notariell mit Genehmigung des Konsistoriums in Warszawa/Warschau an die „Fundacja na rzecz rozwoju turystyki aktiwnej“ (Stiftung für die Entwicklung des Aktivtourismus) unter dem Vorsitz von Alfred Siwik aus Mrągowo/ Sensburg verkauft, mit der Auflage der Evangelisch Augsburgischen Kirche in Warszawa/Warschau, diese Kirche ausschließlich für religiöse, kulturelle, pädagogische und soziale Zwecke zu nutzen. Somit bleibt der sakrale Charakter erhalten und es besteht die Möglichkeit, dort weiterhin Taufen, Trauungen und andere kirchliche Handlungen zu vollziehen und Gottesdienste zu feiern. Wir freuen uns, dass unsere jahrelangen Bemühungen um den Erhalt der Kirche nicht umsonst gewesen sind und die Kirche als Kirche erhalten bleibt.

Verein Freunde Masurens e.V.
Kerstin Harms, Vorsitzende
http://www.freimde-masurens.de

Kulturreferat am Ostpreußischen Landesmuseums, Agata Kern
http://www.Ostpreussisches-Landesmuseums.de