Willkommen im Informationszentrum

Germau

Geschichte von Russkoje – Germau und die Burg Girmowe

In der Gegend von Germau, dem prußischen Gau Girmowe, finden sich besonders häufig prußische Wallburgen und Gräberfelder sowie Überreste menschlicher Besiedlung bis in die Bronzezeit zurück. Der Name leitet sich möglicherweise ab vom prußischen germas = Trinker oder gerimas = trinken, vielleicht aber auch vom prußischen girmis = Ort der Maden, was für einen Friedhof spräche. Aus der Trinker-Variante leitete man ab, dass die Einwohner des Dorfes den Trunk liebten , und angeblich traf man dort auf Frauen, deren zehn eine Tonne mit Bier anzapften und nicht eher voneinander schieden, als diese nicht bis auf den Grund ausgetrunken war.

Die Prußenburg „Girmowe“ wurde bereits um 1230 erstmals in Verbindung mit einem hier existierenden Waffenlager urkundlich genannt. Im Winter 1252/53 wurden die hier lebenden Prußen vergeblich von den Ritterbrüdern unter dem Christburger Komtur Heinrich Stange angegriffen, der dabei zu Tode kam. Die Eroberung gelang erst unter König Ottokar II. von Böhmen und das Land konnte nach Festlegung des bischöflichen Anteils 1258 vom Orden übernommen werden. Dieses Jahr gilt als Gründungsdatum von Germau.[2]

Der Widerstand der Prußen war im Bereich von Germau offenbar weniger heftig, denn hier wurden besonders viele „ehrbare Prußen“ mit Land belehnt und besonderen Vorrechten ausgestattet. Noch 1831 zählte man als Folge dieses „appeasements“ im Kreis Fischhausen noch ca. 360 prußische Freigüter.

Bald nach der Niederschlagung des 2. Prußenaufstand errichtete bzw. erneuerte der Orden auf dem Platz der prußischen Burg um 1270 eine Holz-Erde-Wehranlage. Diese wurde zum Hauptwaffenplatz im westlichen Samland. Der Ausbau der einflügeligen Burg in Stein erfolgte 1330 – 1340 westlich der alten Befestigungsanlagen und noch weiter westlich lag die Vorburg. Der im Süden der viereckigen Anlage gelegene Burgflügel enthielt den Speiseremter, die Burgkapelle sowie Amts- und Wohnräume. 1610 baute man den Südflügel zur Pfarrkirche um.

Der Eingang zur Burg lag westlich der Kirche und führte zunächst in die Vorburg. Im Städtekrieg (1454 – 1466) wurde die Burg bei Angriffen von Elbingern beschädigt und war 1507 nicht mehr verteidigungsfähig. Im Anfang des 16. Jhs. verlor die Burg an Bedeutung. 1580 stellte man sie jedoch als Sitz für den Bernsteinmeister wieder her, der ab 1581 hier residierte. Mit ihm zog die Bernsteinkammer von der Burg Lochstädt hier ein. Vermutlich sollte der neue Resident den bereits in Gang befindlichen Verfall der Anlagen stoppen. Im Jahr 1693 zog der Bernsteinmeister dann samt Bernsteingericht und -kammer nach Palmnicken um. Damit begann der endgültige Verfall der Germauer Burg.

Der Eingang zu dem erhöht liegenden Gelände der ehemaligen prußischen Burg, das über lange Treppen zu erreichen ist, liegt heute gegenüber einem mächtigen russischen Denkmal.[3]

Nordwestlich von Germau befindet sich der Große Hausen, mit 89 Metern eine der markanten Erhebungen des Samlands. Zu prußischer Zeit umschloss eine Fliehburg den höchsten Punkt, gesicherte durch zwei parallele Wälle, 310 und 560 Meter lang und bis zu 20 Meter hoch. Der Innenraum hatte eine Abmessung von 110 zu 50 Metern. Möglicherweise befand sich hier sogar eine alte Kultstätte, der heilige Hain Romowe. Der Hausen befand sich in Privatbesitz und wurde aufgrund häufigen Besitzwechsels nicht sehr gepflegt. Er war eingebettet in einen Mischwald von West nach Ost.[4]

Am 15. April 1945 vernichtete ein von einem Luftbombardement unterstütztes Artilleriefeuer der Roten Armee den Ort weitgehend.[5] Aber der Bahnhof steht noch.[6]

In Germau wurde der Militärmusiker Walter Harmens (1879 – 1963) geboren. Er studierte an der Musikhochschule in Berlin-Charlottenburg, vornehmlich Kornett und Violine. Nach dem Examen wurde er an ein Dragoner-Regiment in Tilsit kommandiert, wo er bereits nach zwei Jahren zum Musikmeister und Leiter des Trompeterkorps avancierte, In seiner Erzählung „Die Reise nach Tilsit“ (1917) schilderte Hermann Sudermann ein Platzkonzert der hellblauen Dragoner, wie er es in Tilsit unter Walter Harmens erlebt hat. Einen Namen machte er sich darüber hinaus als Dirigent durch die Aufführung von Symphonien von Haydn, Mozart, Beethoven und Schubert.

1921 wechselte Harmens zum Trompeterkorps der 3. (preuß.) Nachrichtenabteilung und erweckt bald die Aufmerksamkeit von Rundfunk und Schallplattenherstellern wie Odeon, Gloria, Tri-Ergon und Clangor. Neben Märschen und anderen populären Musikstücken machten diese auch Aufnahmen von Volksliedbearbeitung, Charakterstücken und eigenen Kompositionen des ostpreußischen Musikers. Seine Militärkapelle war die erste, von der der deutsche Rundfunk ein Konzert nach Übersee übertrug. Das Trompeterkorps unter Leitung von Walter Harmens war damals eines der beliebtesten Orchester der Reichswehr.

Seit 1935 leitete Harmens das Trompeterkorps des Artillerie-Regiments in Potsdam-Nedlitz und wurde zu Konzertreisen auch ins Ausland geschickt. Zu seinem 40-jährigen Dienstjubiläum wurde er mit einem großen Ehrenappell gewürdigt.

Im 2. Weltkrieg versetzte man Harmens zum Befehlshaber der Truppen nach Kiew und 1944 nach Dänemark. Nach dem Zusammenbruch sprach sich unter sowjetischen Offizieren herum, dass der einstige Musikmeister Harmens Trompete und Geige virtuos beherrschte. Er spielte ausgiebig zu ihrer Unterhaltung und erhielt dafür von den Rotarmisten Verpflegung für sich und seine Familie. Bald kam er als Tanz- und Unterhaltungsmusiker bei der Konzert- und Gastspieldirektion der DDR unter, doch 1957 zog er es vor, seine Pension in Berlin-Lichterfelde von der Bundesrepublik zu beziehen. Er wurde auf dem städtischen Friedhof Lichterfelde in einem Urnengrab beigesetzt.



[1] Mathias Deinert, Ohne Kirsch und Knalleffekt, Potsdamlife, Winter 2015, S., 54 ff
[2] Unser schönes Samland, Frühling 2008, S. 11
[3] www.plew.de Hinweis v. Christoph Rutter, August 2007
[4] Charlotte Krebs, Germau, Unser schönes Samland, Juni 1972, S. 12
[5] Luftwaffenfähnrich a.D.gerhard Bahnschulte, In roter Glut glosten die Trümmer, Oprbl. Nr. 13/90, S. 10
[6] Fritz Zimmermann, Unser schönes Samland, Sommer 2008, S 66