Prof. Wolfram Jäger, der Projektleiter für die Wiedererstehung von Schloß Steinort, hat den nachfolgenden Adventsbrief verschickt:
Liebe Freunde von Schloss Steinort!
Das Jahr 2022 ist wie im Fluge vergangen und wir sind mitten in der Adventszeit
angekommen. Die Weihnachtstage stehen vor der Tür. Es ist Zeit, Rückschau zu halten und einen Ausblick auf das neue Jahr zu geben.
Das zu Ende gehende Jahr begann sehr holprig. Wir hatten viel Mühe, die vom Bundestag für die Fortführung der Notsicherung zugesagten Mittel ausgezahlt zu bekommen. Die statisch-konstruktive Sanierung ist eine äußerst komplexe Aufgabe, die zudem im Sinne des Denkmals nur zu lösen ist, wenn man neue Wege geht. Hierfür galt es Verständnis zu wecken und die Lösungen zu erläutern. Bisher hatten die uns und dem Projekt nahestehenden Bundestagsabgeordneten den Wunsch geäußert, der Öffentlichkeit auch zu zeigen, wofür die vom Bundeshaushalt bereitgestellten Gelder verwendet werden. Diese Haltung wird jedoch von der freigebenden Stelle derzeit nicht geteilt. So mussten wir einige Pläne zurückstellen. Wir wollen aber den Grundsatz „Bauen-Öffnen-Zeigen“ nicht fallen lassen und sind dafür nun ausschließlich auf private Spenden angewiesen.
Allen Maßnahmen der Sicherung voran stand die Sanierung der Rudimente der polychrom bemalten Decke im Raum links im Erdgeschoss des Kernbaus. Aus der Erfahrung beim Nord-West-Eckturm 2014/15 heraus wollten wir keine Interimslösungen ins Auge fassen, um vor allem das Gebäude des Kernbaus statisch nachhaltig zu sichern. Die Gelder sofort für eine Endlösung einzusetzen, erscheint uns verantwortungsbewusst und zielführend. Wir hatten für die Ertüchtigung der Balken in diesem Raum die Firma Burgbacher in Trossingen gewinnen können. Sie ist weltbekannt, im Ingenieurholzbau führend und prädestiniert dafür, dass nichts unmöglich ist. Da bereits die Hälfte der Balken eingebrochen war, ließ sich der Ausbau denkmalpflegerisch rechtfertigen. Zugleich war es ein Test in Originalgröße unter technologisch exzellenter Führung von Christian Burgbacher und seinem Meister Karl Anton.
Viele Probleme zeigten sich erst beim Ausführen der einzelnen Arbeitsschritte. Der Modellversuch von Fabian Meyer hatte noch nicht alles bis zum Letzten offengelegt. Wir
haben in der Zeit der Arbeiten in Trossingen viel dazu gelernt und eine Menge exzellenter Kniffe erfahren, um nunmehr die Sanierung der Balken vor Ort im Schloss fortsetzen zu können. Wir waren glücklich, als die Balken am 08. November in Steinort wohlbehalten ankamen.
Nun folgte der spektakuläre Akt des Einhebens der in einen T-Querschnitt umgewandelten Rechteckbalken. Mit einer ausgetüftelten Hebetechnologie hatte es unser örtlicher Bauunternehmer Matthias Hohl geschafft, punktgenau und mit höchster Präzision die Balken an ihren originalen Platz zurück zu bringen. Am 23.11. waren die letzten Handgriffe getan. Das Gerüst im Erdgeschoss gab nach dem Abbau den wunderbaren Blick zur Decke und in den Raum frei.
Feste soll man feiern, wie sie fallen! So fand am gleichen Tag in Schloss Steinort das 1. Deckenfest statt. Weder der bevorstehende 1. Advent noch die eisigen Temperaturen in Steinort hielten die Beteiligten davon ab, ihrer Freude über den geglückten Einbau der ersten statisch sanierten Deckenbalken Ausdruck zu verleihen. Im Erdgeschoss links im barocken Kernbau bot sich eine beeindruckende Deckenuntersicht mit den reparierten und statisch ertüchtigten Balken. Der darüber liegende Raum konnte erstmals seit vielen Jahren wieder betreten werden. Die Gäste der Veranstaltung fanden sich in diesem Raum zusammen und testeten damit die Tragfähigkeit der sanierten Decke. Herr Dietmar Michael Böttcher als Vertreter des polnischen Eigentümers PNF (Polnisch-Deutsche Stiftung Kulturpflege und Denkmalschutz) begrüßte die Anwesenden. Der Projektleiter der DPS (Deutsch-Polnische Stiftung Kulturpflege und Denkmalschutz, Schwesterstiftung der PNF) Prof. Dr.-Ing. Wolfram Jäger berichtete anschließend vom langen Weg der bemalten Balken, bis sie saniert waren und ins Schloss zurückkehren konnten. Der Marschall der Wojewodschaft Ermland-Masuren hatte seine Kulturreferentin beauftragt, an diesem Fest teilzunehmen und Prof. Jäger seinen Dank für den Einsatz auszusprechen.
Da es im barocken Kernbau des Schlosses noch keine Heizung gibt, waren alle Besucher froh, sich im Anschluss im Cafe Nona im Ostflügel des Schlosses bei Glühwein, Dresdner Christstollen, Kaffee und Sächsischer Bockwurst aufwärmen zu können. Es gab Gelegenheit zu regem Gedankenaustausch über die zurückliegenden und vor uns stehenden Aufgaben.
Cafe Nona ist ja leider noch nicht ganz fertig; es hat sich aber wieder einmal gezeigt, dass es gut ist, derartige Räumlichkeiten wie den Infopoint, das Büro und das Cafe Nona zu haben. Die Besucher hatten auch Gelegenheit, sich von der fleißigen Arbeit der Münchner Bautechniker im Herbst 2022 zu überzeugen. Über diesen kostenfreien Einsatz konnten wir uns nach 2019 und 2021 nun bereits zum dritten Mal freuen. Es waren nicht nur Zimmerer dabei, die bei den Arbeiten an den Holzbalken über dem Obergeschoss sowie bei der Brandschutzdecke im Dach halfen, sondern auch Maurer. Letztere haben im Ostflügel im Akkord Dämmung angebracht und danach in der Küche (derzeit Baustelleneinrichtung) und in dem für die Bibliothek vorgesehenen Raum die Putzarbeiten fertig gestellt. Nun fehlen in der Bibliothek nur noch der Fußboden und die Tür. Es war eine wahre Freude, diesen Enthusiasmus und Schaffensdrang der jungen Menschen zu spüren, der dem Schloss neues Leben eingehaucht hat.
Sowohl in dem Raum im Erdgeschoss als auch im ersten Obergeschoss unter Dach hat sich der Ersatz der verrotteten hölzernen Maueranker durch Ringanker aus karbonfaserbewehrtem Mauerwerk mehr als bewährt. Er lässt sich gut stückweise einbauen und kann auch Schwachstellen im Endzustand mit ausreichender Tragfähigkeit überbrücken. Ich konnte damit Erfahrungen aus anderen Forschungsprojekten und unserem Einsatz an der Citadelle von Bam nutzbringend weiterentwickeln. Matthias Hohl hat den handwerklich nicht ganz einfachen Mörtelauftrag und das Einarbeiten des Karbongewebes schnell angenommen und perfekt ausgeführt.
Um desolate Balkenauflager herum hat Dr. Joanna Arszynska von der Uni in Torun die wertvollen bemalten Putzpartien abgenommen und für das Wiederanbringen gesichert. Ihre Studenten haben im Erdgeschoss links historische Wandbemalungen freigelegt, was insbesondere durch das Denkmalamt in Olsztyn finanziell unterstützt worden ist. Wie das Zum-Vorschein-Gekommene zu deuten ist, steht noch offen. Bis auf den Westflügel konnten alle Fundamente fertig gesichert und die Drainage und Regenwasserkanalisation komplettiert werden.
Besonders im zurückliegenden Jahr hat sich gezeigt, dass nunmehr stärker auch an die Pflege und Unterhaltung des Schlosses gedacht und Einnahmen dafür akquiriert werden müssen. Das hatten wir ja auch als Voraussetzung für die Ausreichung der Bundesmittel zugesagt. Trotz eines gewissen Rückschnittes der alten Eiche, die rückwärtig steht, belegt diese immer wieder im Herbst die Dachrinnen mit Laub. Das lieb gewonnene Storchenpaar ist ein Wahrzeichen des Schlosses. Aus dem Nest fallende Äste müssen wie auch das Laub aus den Dachrinnen entfernt werden. Der Strompreis ist stark gestiegen und Wasser und Abwasser sind auch zu bezahlen.
Mit großer Freude haben wir am 25. November vernommen, dass der Bundestag im Rahmen des Haushaltes für das Jahr 2023 dem Schloss Steinort einen Aufwuchs von 1,5 Millionen Euro zugebilligt hat. In der derzeitigen schwierigen Lage ist das ein toller Erfolg. Wir hatten die Mittel für die Ausschreibung und Durchführung der Gesamtplanung für die Sanierung von Schloss Steinort beantragt. Die Haushälter waren unserem Antrag gefolgt.
Wir danken allen, die maßgeblich dazu beigetragen haben, allen voran den Vertretern der Regierungsparteien, die sich einvernehmlich dazu entschlossen hatten. Treibend dabei waren die FDP und unsere Generalkonsulin in Danzig Cornelia Pieper.
Als nächste Sicherungsarbeit steht die Stabilisierung des Mittelrisalits an. Hier werden Glasfaseranker und Nadeln eingebaut, um die Integrität zwischen Fassade und dahinter liegenden Querwänden wieder herzustellen. Es werden weitere Decken folgen, nunmehr aber in situ nach der erfolgreich angewendeten Methode der T-Balken, um eine öffentliche Nutzung des Obergeschosses zu gewährleisten. Im Dachgeschoss sind zusätzlich auch die Dachhölzer, die ihre Kräfte in die Deckenbalken einleiten, kraftschlüssig wieder herzustellen. Unser Ziel ist es weiter, den Raum mit den jetzt sanierten Balken nutzbar zu machen, indem ein Fußboden eingebaut und die Fenster repariert werden.
Aus den Mitteln des Deutschen Bundestages kann nicht alles finanziert werden, insbesondere nicht der weitere Ausbau des Ostflügels. Wir müssen diesen aber alsbald in Nutzung nehmen, um zu zeigen, dass wir in der Lage sind, das Schloss zu bespielen und die Grundkosten für den Betrieb selbst zu erwirtschaften. Wir freuen uns über jede Spende, die dazu beiträgt. Für größere Spenden bieten wir auch eine Zweckbindung und eine sichtbare Vergegenständlichung an:
– Fußboden für die Bibliothek im Dachgeschoss des Ostflügels 1.300 EUR
– Tür mit Brandschutzanforderungen für die Bibliothek ebenda 900 EUR
– IT-Technik für die Nutzung der Bibliothek 3.000 EUR
– Fertigstellung eines Zweibett-Zimmers im Dachgeschoss (derzeit rohbaufertig) 9.000 EUR
– Fertigstellung eines weiteren Zimmers im Obergeschoss des Ostflügels 10.000 EUR
– Fußbodenfliesen im Cafe Nona einschließlich Verlegen 1.500 EUR
Weitere Zweckbindungen können wir gern anbieten.
Wir wünschen Ihnen für das bevorstehende Weihnachtsfest geruhsame und besinnliche Stunden und für das neue Jahr alles Gute, vor allem Gesundheit. Wir würden uns freuen, Sie im kommenden Jahr in Steinort wieder begrüßen zu können.
Prof. Dr.-Ing. Wolfram Jäger
für das ganze Team „Schloss Steinort“
Jede Spende hilft!
Deutsch-Polnische Stiftung Kulturpflege und Denkmalschutz
Deutsche Bank PGK AG Görlitz
IBAN: DE26 8707 0024 0823 3660 02
BIC: DEUTDEDBCHE
Verwendungszweck: „Schloss Steinort – Prof. Jäger“.
Steuerabzugsfähige Zuwendungsbestätigungen werden gerne ausgestellt.