Groß Holstein liegt 6 km westlich von Königsberg und wurde 1929 nach Königsberg eingemeindet.
Kurfürst Friedrich III. ließ 1693 – 1697 nach Entwürfen von Johann Arnold Nehring (1659 – 1695) drei Jagdschlösser errichten – Friedrichshoff, Friedrichsberg, Friedrichswalde. Eines davon, Schloß Friedrichshoff nahe der Pregelmündung ins Haff mit schönem Ausblick über den Park auf den Pregel, von Georg H. Kranichfeld[1] als erstes 1693 gebaut, galt seinerzeit als der bedeutendste Hochbarockbau Ostpreußens. Er wurde 1719 von Friedrich Wilhelm I. seinem verdienten Feldmarschall und Vetter, Prinz Friedrich Wilhelm von Holstein-Beck (1687 – 1749), überlassen. Der ließ das Schloss zu einem H-förmigen Grundriß erweitern und nannte es Schloss Holstein. Sein Sohn Herzog Karl Ludwig von Holstein-Beck (1690 – 1774) erwarb einen Acker in Königsberg, den er zum Exerzierplatz machte, genannt der „Herzogsacker“, wo später die Kronprinzenkaserne stand und heute noch unverändert steht[2], die von 1919 -1945 als Polizeiunterkunft diente. Unter dem Enkel Generalmajor Herzog Friedrich Karl Ludwig von Holstein-Beck (1757 – 1816), dem Kant Privatvorlesungen gehalten hat, kaufte 1791 der Buchhändler und Verleger Nicolovius, ein Schüler Kants, das in seinem Besitz befindliche Geßlersche Palais und machte daraus eine Kunsthandlung.[3]
Zum Schloß gehörte auch die Försterei in Moditten, nördlich am Moditter Bach gelegen, die mit dem Schloß Holstein durch eine Allee verbunden war. Das Forsthaus fungierte nebenbei als Poststelle und verfügte über Hökerei und Ausschank. Dieses idyllisch gelegene Forstamt hatte der junge Magister Immanuel Kant bei seinen Ausflügen in die Umgebung seiner Heimatstadt kennen gelernt und dazu die Bekanntschaft des Oberförsters Wobser gemacht, den er wegen seiner Schlichtheit und Geradlinigkeit schätzte. Da er sich in solcher Umgebung wohl fühlte, hielt er sich des Öfteren bei dem Försterehepaar auf und bewohnte in dieser Zeit das dabeistehende Sekretärhäuschen mit einer mächtigen Linde daneben. Dieses Sommerhäuschen Kants existiert nicht mehr – siehe dazu die Ausführungen unter „Immanuel Kant“
Moditten verfügte noch über eine weitere Besonderheit: hier ging der verdeckte Kanal mit den Königsberger Abwässern in einen 20 km langen offenen Graben über, durch den die Abwässer mittels Quergräben auf den Äckern der Gutsbezirke von Holstein, Margen und Metgethen verteilt wurden und dort für eine vorzügliche Düngung sorgten.[4]
Die Erben verkauften das Schloß Groß Holstein 1765 und danach wechselten des Öfteren die Eigentümer. 1812 kaufte David Meyer Friedländer das Schloss für 70.000 Taler und veräußerte es 1835 an seinen Pächter Ferdinand Ad. Gottl. Magnus. Zuletzt erwarb es 1930 Kurt Munier, Honorarprofessor an der Landwirtschaftlichen Fakultät der Albertina. Er wurde 1945 von den Sowjets verhaftet und starb 1946 im Zentralkrankenhaus von Königsberg. Seine Frau wurde 1947 ausgewiesen.
Dieses Barockschloß ist immerhin erhalten, wenn auch mit zugemauerten oder veränderten Fenstern, abgeschlagenem Gebäudezierrat und erneuertem Dach, wurde in jüngerer Zeit sogar renoviert und ist in mutigen Farben angestrichen. Heutiger Nutzer ist wohl die Ingenieur-Geologische Ostsee-Expedition.
Das alte Dorf Groß Holstein ist ziemlich verfallen. Um den Dorfteich stehen kleine Datschen in wilden Gärten. In der Nähe existiert ein altes Fort, umgeben von einem breiten Festungsgraben und einem hohen Eisenzaun.
[1] Lorenz Grimoni, Königsberger Stadtteile, Siedlungen, Güter und Forts entlang der Ringchaussee, Königsberger Bürgerbrief, Winter 2011, S. 14
[2] Lorenz Grimoni, Vorderroßgarten und Hinterroßgarten – einst und jetzt, Königsberger Bürgerbrief, Sommer 2010, S. 39
[3] Willi Freimann, Ein Geschenk von König Friedrich Wilhelm I., Oprbl. Nr. 12/86, S. 10
[4] Albert Zweck, Samland, Pregel- und Frischingstal, S. 15