Am 1.August 1914 übergab der deutsche Botschafter in St. Petersburg, Graf Friedrich von Pourtalès (1853 – 1928) dem russischen Außenminister Sergei Dimitrijewitsch Sasonow (1860 – 1927) die deutsche Kriegserklärung. Unmittelbar am selben Abend besetzte eine russische Kosakenabteilung die deutsche Poststelle in Klein-Zwalinnen südlich Lötzen, eine andere russische Abteilung drang am 2. August 1914 in Sochen bei Soldau über die Grenze.[1] Zur gleichen Zeit wurde das Postamt in Bilderweitschen, Kreis Stallupönen, von russischen Soldaten zerstört.
Schneller als erwartet fielen zwei russische Armeen bereits Mitte August 1914 in Ostpreußen ein, und zwar im nördlichen Bereich die Njemen-Armee unter dem Befehl von General der KIavallerie Paul von Rennenkampf (1854 – 1918), die Königsberg erobern sollte, und die Narew-Armee unter dem Kommando von General Alexander Wassiljewitsch Samsonow (1859 – 1914), die zwischen Szczytno – Ortelsburg und Mlawa auf die Weichsel zu marschierte, um Ostpreußen vom übrigen Reich abzuschneiden. Die deutschen Verteidigter sollten eingeschlossen und geschlagen werden.
Der deutsche Schlieffen-Plan von 1898 sah vor, dass im Osten des Reichs nur die 8. Armee stationiert sein sollte. Das Oberkommando der 8. Armee waren zunächst General Maximilian von Prittwitz und Gaffron (1848-1917) und sein Generalstabschef Graf Waldersee. Ihre militärische Einschätzung war, dass man die Njemen-Armee unter Rennenkampf rasch und vollständig besiegte, bevor die aus Süden anrückende Narew-Armee unter Samsonow ins Geschehen eingreifen konnte. Am 20. August 1914 kam es deshalb bei Gumbinnen zur Schlacht, an der 200.000 russische Soldaten der Njemen-Armee einer Streitmacht von 150.000 Preußen gegenüber standen. Man verfolgte auf deutscher Seite den Plan, den Nordflügel der russischen 1. Armee zu umfassen. Die Lage hatte sich räumlich und zeitlich jedoch ganz anders entwickelt als das Armee-Oberkommando angenommen hatte. Die russische Nordarmee wurde zurückgedrängt, aber im Mittelabschnitt konnte kein Boden gutgemacht werden. Die Deutschen wurden nach anfänglichem Erfolg unter schwersten Verlusten (über 9000 Tote in nur zwei Stunden) in ihre Stellungen zurückgeworfen. Im Südabschnitt gab es nur vereinzele Scharmützel. Als Meldungen eintrafen, dass die russische 2. Armee unter General Samsonow die Südgrenze westlich der Masurischen Seen überschritten hatte, ließ General von Prittwitz die Schlacht abbrechen und befahl den Rückzug hinter die Weichsel. Damit drohte der Verlust Ostpreußens.
Dieses Vorgehen akzeptierte die zentrale Kriegsleitung in Koblenz nicht. Deshalb wurde General von Prittwitz vom Großen Hauptquartier in Koblenz am 20. 8. 1914 abgesetzt und durch General Paul v. Hindenburg (1847 – 1934), der schon längst seinen Abschied genommen hatte, und General Erich Ludendorff (1865 – 1937) als sein Generalstabschef ersetzt.
[1] Schlacht bei Gumbinnen 1914, Gumbinner Heimatbrief, Juni 2014, S. 36