Umgebung von Nemmersdorf: Kiaulkehmen/Jungort

Frieda Jung (4. 6. 1865 – 14. 12. 1929), Heimatdichterin und hoch geehrte lokale Berühmtheit (“In der Morgensonne”), Ehrenbürgerin von Insterburg. In Insterburg und Angerburg wurden Schulen nach ihr benannt. Geboren in Kiaulkehmen, Kreis Gumbinnen, als Tochter des Lehrers August Jung aus Insterburg, der dorthin versetzt worden war und dort die Tochter seines Vorgängers Wilhelmine Vouilleme geheiratet hatte.. Fünf Kinder gingen aus dieser Ehe hervor, Frieda oder eigentlich Friederike Ann war das fünfte Kind. In Kiaulkehmen verlebte sie eine glückliche Jugendzeit, aus der sie später Stoff für etliche kleine Geschichten entnahm. Als sie 16 Jahre alt war, verlor sie 1881 den Vater. Sie übernahm anstelle ihres Vaters den Unterricht für seine 22 Schüler, konnte aber wegen eines Augenleidens nicht Lehrerin werden. Die Mutter zog nach Gumbinnen, Frieda jedoch bald zu ihrem Bruder nach Königsberg, dem die Frau gestorben war und dem sie den Haushalt führte. Mit 18 Jahren ging sie 1883 in Gumbinnen übereilt die Heirat mit dem Volksschullehrer Brauer ein. Diese Ehe wurde jedoch nach eineinhalb Jahren geschieden,[[1]]das einzige Kind verlor sie früh. Frieda Jung trat, um eine Beschäftigung zu finden, in das Kindergärtnerinnenseminar in Lyck ein und nahm nach ihrer Ausbildung 12 Jahre lang vier Anstellungen als Erzieherin und Gesellschafterin an. Die letzte Arbeitgeberin, Frau Seidel, war ihr eine große Stütze, eine Art Tante und Freundin, wie die Erzählung „Tante Seidel“ von 1904 deutlich macht. Tante Seidel hinterließ ihr ein kleines Vermögen, das es Frieda Jung ermöglichte, sich selbständig zu machen. Als freie Schriftstellerin zog sie 1912 in Buddern, Kreis Angerburg, wo sie ein kleines Häuschen bauen ließ. Allerdings musste sie bereits im 1. Weltkrieg wieder flüchten. 1916 verlegt sie ihren Wohnort nach Insterburg und ihr 60. Geburtstag wurde dann feierlich im Rathaussaal von Insterburg begangen. Frieda Jung wurde auf dem Insterburger Neuen Friedhof unter großer Anteilnahme der Bevölkerung begraben. Auf ihrem Grabstein war eine Widmung „Von ihren Freunden“ und ein Bronzerelief von Hermann Brachert angebracht. Das Grab existiert heute nicht mehr.[[2]]

In dem Gedichtband „Ausgewählte Gedichte“, der 1925 in Königsberg herauskam, fanden sich die Zeilen:

Das ist’s, was ich am liebsten seh’:
Mein Heimatdorf im tiefen Schnee!

und es ist zu vermuten, dass Frieda Jung damit ihren Geburtsort meinte. Sie liebte dieses Dorf und besuchte es auch noch kurz vor ihrem Tod. 1935 wurde Kiaulkehmen ihr zu Ehren in „Jungort“ umbenannt. Heute existiert es nicht mehr.

Ihre Kriegserlebnisse verarbeitete Frieda Jung in ihrem Buch „Aus Ostpreußens Leidenstagen“, erschienen 1916. Im selben Jahr kamen der Band „Weihnachten“ und „Erlebnisse“ heraus. Im Jahr 1900 erschien ihr erster Gedichtband unter dem Titel „Gedichte“, der rasch Beachtung fand. Werke: Lyrik – Gedichte, Mairegen – Gottessegen, Freud und Leid, Ihr letztes Werk Gedichte „Gestern und heute“ entstand 1928 mit der Widmung „Meiner lieben Stadt Insterburg in Dankbarkeit gewidmet“.[[3]] „Auch ich hab’ mit dem Schmerz zu Tisch gesessen“, erschienen nach ihrem Tod am 14. 12. 1929.[[4]] „Maienregen – Gottessegen“ (1904); „Freud und Leid“ (1905) mit der Erzählung „Tante Seidel“; „Festgedichte und Freundesgrüße“ (1906); „Neue Gedichte“ (1908); die Kindheitserinnerungen „In der Morgensonne“ erschienen 1910 und wurden ein Bestseller in Ostpreußen; „Da oben in Ostpreußen“ (1915) zur Unterstützung für die Ostpreußenhilfe.[[5]] Ein umfangreicher Teil der Werke von Frieda Jung gehören in den Bereich der mundartlichen Dichtung, vor allem plattdeutsche Gedichte. Die Erzählung „De Frau Liesedank ehr Jubilee“ gilt als ein Meisterwerk dieser Art Dichtung und dokumentiert darin ländliches ostpreußisches Leben voller Humor und praller Lebensfreude.

Das nachfolgende Gedicht stand im Band „Festgedichte und Freundesgrüße“, Verlag E. Sterzel’s Buchhandlung (Gebr. Reimer), 1906[6]:

Widmungsvers VIII

Herr, gib uns helle Augen
Die Schönheit der Welt zu sehn!
Herr, gib uns feine Ohren,
Dein Rufen zu verstehen,
Und weiche, linde Hände
Für unserer Brüder Leid,
Und klingende Glockensworte
Für unsere wirre Zeit!
Herr, gib uns rasche Füße
Nach unserer Arbeitsstatt
Und eine stille Seele,
Die deinen Frieden hat.



[1] Eberhard Jung, Was bebst du so, meine heilige Heimaterde?, Oprbl. Nr. 31/2014 (2. August), S. 14
[2] Brigitte Jäger-Drabeck über Frieda Jung in Masurische Storchenpost, Dez. 2008, S. 30
[3] Brigitte Jäger-Dabeck über Frieda Jung, Masurische Storchenpost, Dez. 2008, S. 28 f
[4] os, Trostreiche Verse geschaffen, Oprbl. Nr. 49/ 1999, S. 13
[5] Brigitte Jäger-Dabeck, Die ostpreußische Dichterin Frieda Jung, Storchenpost; Nov. 2008, S. 23 f
[6] Eberhard Jung, Die erstaunliche Karriere eines Gedichtes, Gumbinner Heimatbrief, Juli 2024, S. 17