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Deutsch Thierau

Ivancovo – Deutsch Thierau

Die Grenze zwischen dem russischen und dem polnischen Teil Ostpreußens verlief direkt am südlichen Ortsrand. Damit erlebte der Ort das Schicksal vieler Ansiedlungen im Niemandsland der Grenzregion – er konnte nicht überleben. Die Kirche aus dem 14. Jh. hatte durch die Kriegshandlungen lediglich die oberen beiden Stockwerke des Turms verloren und war ansonsten noch vollkommen intakt. Fehlende Pflege führte dann aber zu ihrem raschen Verfall. In den 1990er Jahren standen nur noch Mauerreste. Auch der Friedhof sieht desolat aus, Gräber sind teilweise geöffnet. Die Brücke über den kleinen Bach ist zerstört und bei den Häusern trifft man meist nur noch auf die Fundamente.

In diesem einst schönen Ort wuchs Erhard Riemann (3. April 1907 – 21. März 1984) auf, wo sein Vater als Lehrer und Kantor tätig war. Geboren war er in Kraußen, Kreis Königsberg. Er widmete sein Leben wesentlich der Volkskunde Ost- und Westpreußens. 1926 legte er am Kneiphöfischen Gymnasium in Königsberg die Abiturprüfung ab und studierte dann in Freiburg, München und Wien die Fächer Germanistik, Anglistik, Volkskunde und Vorgeschichte. 1935 promovierte er an der Albertina in Königsberg über das Thema “Ostpreußisches Volkstum um die ermländische Nordostgrenze. Beiträge zur geographischen Volkskunde Ostpreußens“. Anschließend arbeitete er als Assistent mit am „Preußischen Wörterbuch“ und das war ein Gebiet, das ihn auch noch in der Bundesrepublik ab 1952 bis ins hohe Alter beschäftigte. Nach einer Zwischenstation als wissenschaftlicher Assistent am Stadtgeschichtlichen Museum in Königsberg wurde er, inzwischen habilitiert, 1939 Dozent für Volkskunde an der Hochschule für Lehrerbildung in Elbing. Nach dem Krieg ging er zunächst in Oldenburg in den Schuldienst und wurde mit der Verlegung der Stelle für das Preußische Wörterbuch nach Kiel 1955 Dozent für Deutsche Volkskunde und Mundartforschung, 1970 Professor. Die Reihe seiner Veröffentlichungen umfasst nahezu 150 Titel, ganz zu schweigen von Rezensionen in Fachblättern und Wochenzeitungen wie dem Ostpreußenblatt oder seiner Tätigkeit als Herausgeber volkskundlicher Schriften. Für dieses Engagement wurde er 1976 mit der Verleihung des Kulturpreises für Wissenschaft von der Landsmannschaft Ostpreußen geehrt.

Der Ort Preußisch Thierau steht momentan im Mittelpunkt eines großen Infrastrukturprojekts.[1]

[1] Heimatbrief Heiligenbeil, Mai 2007, S. 8

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