Neuhausen

Geschichte von Gurjevsk – Neuhausen

Bei der Aufteilung des weltlichen Gebiets im Bistum Samland zwischen Bischof und Domkapitel wurde zur Ordenszeit 1285 das 1262[1] gegründete Dorf von Neuhausen dem Kapitel zugeordnet. Zu prußischer Zeit um 1000 n. Chr. befand sich hier an einem uralten Handelsweg eine Fliehburg. 1292 entstand stattdessen eine der wenigen Burgen des samländischen Domkapitels, die in der 2. Hälfte des 14. Jhs. in Stein aufgeführt wurde, und diente als Propsteihof des Kapitels und als Sommersitz. Der prußische Name des Ortes, Romow/ Ramawan, deutet darauf hin, dass sich hier sogar ein prußisches Heiligtum befand.[2]

In der Herzogszeit nach 1525 diente die Burg als Sitz des evangelischen Bischofs Georg von Polenz (1478 – 1550) und als Sommerresidenz für Herzog Albrecht, der aus dem Propsteihof eine Domäne machte und die Anlage 1548 zum Jagdschloss ausbaute. Im Schloß befand sich ein herzogliches Kammeramt und zum Besitz gehörte ein großes Waldgebiet, der „Tiergarten“, als Jagdrevier des Herzogs.

Im Ehevertrag von 1550 verschrieb Herzog Albrecht diese Residenz seiner zweiten Frau, Anna Marie von Braunschweig (1532 – 1568), als Leibgedinge. Sie gebar in der Burg Neuhausen den Thronfolger Albrecht Friedrich (1553 – 1618) und hier starb die Herzogin auch am 20. 3. 1568, am selben Tag wie Herzog Albrecht in der Burg von Labiau. Nach Ausbruch seiner Gemütskrankheit in den 1570er Jahren lebte Herzog Albrecht Friedrich hier in der Burg.

Im 17. Jh. diente die Burg von Neuhausen den Kurfürsten Georg Wilhelm (1595 – 1640), der diesen Ort besonders schätzte, und Friedrich Wilhelm (1620 – 1688) als Jagdsitz. Dass die Strecke nach der Jagd kräftig begossen wurde, davon zeugt ein Eintrag im Gästebuch:

Wer in das Ambt Newhausen kombt,
der muß entweder tapfer saufen
oder zum Tor hinauslaufen:][3]

1770 wurde die Burg Sitz der Domänenverwaltung und des Justizamts. 1713 ging die Mühle in Neuhausen wegen zu geringen Bedarfs ein, aber vermutlich nur vorrübergehend.[4] 1814 verlieh Friedrich Wilhelm III. sie zusammen mit Grünhoff seinem Feldmarschall Graf Bülow von Dennewitz als Dotation für seine Verdienste in den Befreiungskriegen. Dessen Erben verkauften den Besitz 1842 an einen Grafen Luckner, der das Schloss neogotisch umbauen ließ. Danach folgten verschiedene Eigentümer. Letzter deutscher Besitzer war die Familie v. Massow. Heute ist die Burg ruinös.

1849 fand im Park von Schloß Neuhausen das Stiftungsfest des Corps Masovia statt, das viele revolutionäre Studenten jener Zeit anzog. Man sang sogar die Marseillaise auf französisch.[5]

Die Siedlung neben der Burg ist für 1528 dokumentiert. König Friedrich Wilhelm I. hatte Mühe, in Neuhausen eine Schule zu etablieren, setzte sich aber 1738 mit dem Bau von Schulhäusern in Neuhausen und weiteren 14 Orten durch.

Im Jahr 1933 hatte der Ort 1.707 Einwohner. Als man in den nachfolgenden Jahren in der Nähe einen Flugplatz baute, stieg die Einwohnerzahl bis 1939 auf 4.198 an.

Der russische Name der Nachkriegszeit, Gurjewsk, geht zurück auf den beim Angriff auf Pillau im 2. Weltkrieg gefallenen Generalmajor Stepan Gurjew, Kommandeur des 19. Garde-Schützen-Korps.

In Neuhausen gibt es die Fleisch- und Wurstwarenfabrik ETC, Besitzer Werner Richter aus Leipzig. Man produziert Geräuchertes und Gepökeltes. Die Gewürze müssen aus Deutschland bezogen werden. Geschäftsführer ist Michael Arakeljan, der einige Zeit in Russland lebte und fließend russisch spricht, zumal seine Mutter einen russischen Offizier geheiratet hatte und ebenfalls aus Leipzig stammt (Stand 1999).

Weiterhin gibt es im Kreis Neuhausen eine Schweinemastanlage, die 200.000 Schweine/Jahr produziert und noch erweitert wird. Die Betreiber kommen aus Dänemark, Norwegen und Thailand. Sie ergänzen den Komplex nach Plänen von 2016/17 um eine Tierkadaverbeseitigungsanlage mit einer Kapazität von 20 to/Tag.[6]

Durch Neuhausen verläuft immer noch die Kleinbahnstrecke von Königsberg und weiter nach Schaaksvitte und Tapiau, die 1901 in Betrieb genommen worden war. Das bot damals den Schülern die Möglichkeit, die Gymnasien und Lyzeen in Königsberg zu besuchen und den Erwachsenen die Gelegenheit, in Königsberg günstig einzukaufen oder eine bessere medizinische Versorgung zu erlangen.

Das Krankenhaus in Neuhausen wurde in den letzten Jahren renoviert, z. T. mit Mitteln der Kirchengemeinde Halstenbek, die viele Spenden in der Region verteilen konnte.[

Bei Gurjewsk entsteht ein Birnbaum-Plantage. Auf 10 ha Fläche wurden 8.000 Setzlinge gepflanzt.[7]

In Neuhausen geboren wurde der Theologieprofessor in Halle und Bonn, Martin Kähler (1835 – 1912)

Der Komponist und Musikkritiker Otto Besch (14. 2. 1885 – 2. 5. 1966) wurde in Neuhausen als Sohn eines Pfarrers geboren. Er galt seinerzeit als der bedeutendste ostpreußische Komponist der ersten Hälfte des 20.Jhs. Otto Besch besuchte das Friedrich-Wilhelms-Gymnasium in Königsberg und studierte zunächst Evangelische Theologie an der Albertina, wandte sich jedoch nach dem Staatsexamen der Musik zu. Von 1910 – 1914 war er Meisterschüler von Engelbert Humperdinck und wurde dann Musikkritiker für die Hartungsche Zeitung und 1922 – 1939 für die Königsberger Allgemeine Zeitung sowie Lehrer für Komposition am Königsberger Konservatorium. Im Januar 1945 floh er nach Dänemark, wo er mit seiner Familie bis Herbst 1947 im Internierungslager lebte. Danach wirkte er als Musikkritiker für Die Welt und die Nachrichtenagentur dpa, aber auch als Komponist, z. B. mit Ostpreußischen Tänzen, und vertonte Gedichte von Agnes Miegel. Beim Norddeutschen Rundfunkt arbeitete er im Musiklektorat.[8]


[1] Wikipedia
[2][ Wikipedia
[3][ Friedrich Borchert, Neuhausen, Oprbl. Nr. 40/1987, S. 12
[4][ Lorenz Grimoni, Gartenstadt Neuhausen im Siedlungsgebiet „Groß Königsberg“, Königsberger Bürgerbrief, Sommer 2017, S. 18
[5][ Lorenz Grimoni, a.a.O.
[6][Uwe Niemeier, Kaliningrad-Domizil, 20. 12. 2016
[7][ Kaliningrader Regionalnachrichten Uwe Niemeier, 1. 5. 2015
[8] Lorenz Grimoni, Gartenstadt Neuhausen im Siedlungsgebiet „Groß Königsberg“, Königsberger Bürgerbrief, Sommer 2017, S. 20)

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