Kl.Beynuhnen

Geschichte von Gut und Gutsherrschaft

Am 9. 5. 1566 verlieh Herzog Albrecht dem Florian von Bredin, Amtshauptmann von Insterburg, 26 Hufen Wald an der Angerapp. Auf diesem Land entstanden die Gemarkungen von Klein Beynuhnen, Osznagorren und Ramberg. Davon verkaufte Friedrich von Bredin 1675 Klein Beynuhnen, das 14 Hufen umfasste, an den Oberst Johann von Buddenbrock, von dem es 1680 an den Kapitän Gotthard von Buddenbrock überging. Dieser verkaufte den Besitz 1681 an Ahasverus v. Lehndorff, der neben anderen Gütern 1683 Groß Beynuhnen von Theodor von Schlieben dazuerwarb. Diese Besitzung verkaufte die Familie v. Lehndorff 1702 an Alexander von Dönhoff und dessen Bruder Friedrich Wilhelm und Graf Alexander von Dönhoff arrondierte diesen Güterkomplex 1725 mit 16 Hufen des Gutes Osznagorren, die er der Familie von Rappe abkaufte. Alexander von Dönhoff gilt als Begründer der Döhnhoffschen Linie auf Beynuhnen, die andauerte, bis 1798 der Kriegsrat Friedrich Wilhelm von Fahrenheid (17. 2. 1747 – 7. 9. 1834) diesen großen Gutskomplex für 100.000 Taler kaufte und darüber hinaus für 115.000 Taler eine weitere Anzahl von Gütern erwarb, darunter Medunischken sowie Groß und Klein Sobrost.[1]

Sein Sohn Friedrich Heinrich Johann von Fahrenheid (1780 – 1849) brachte ihn zur wirtschaftlichen Blüte, baute die Vollblutzucht zum damals zweitgrößten Privatgestüt Europas aus und legte damit den materiellen Grundstein für die künstlerischen Ambitionen der Familie. Er verfügte, daß sein Vermögen für Kunstsammlungen eingesetzt werde und sein Erbe, Fritz von Fahrenheid, ließ für deren Aufbewahrung und Präsentation ein großes Schloß errichten.

Fritz von Fahrenheid (31. 10. 1815 – 8. 6. 1888) besuchte das Friedrichskollegium in Königsberg und studierte ab 1836 Klassische Philologie an der Viadrina. Hier wurde er bekannt mit der griechischen Geisteswelt und Mythologie und entwickelte, beeinflusst vom Wirken Johann Joachim Winkelmanns, eine schwärmerische Begeisterung für die Antike. Davon inspiriert bereiste er 1841/42 die klassischen Stätten Griechenlands, Italiens und Kleinasiens. Das vom Vater hinterlassene Vermögen versetzte ihn die Lage, Beynuhnen im klassizistischen Stil aus- und umzubauen, eine beachtliche Kunstsammlung anzulegen und diese Schätze öffentlich zugänglich zu machen, was er ab 1850 in die Tat umsetzte. Die erste Phase des Umbaus dauerte von 1850 – 1854. Die Erweiterung des Schlosses von 1862 – 1866 diente dem Zweck, Platz für die wohl größte private Kunstsammlung seiner Zeit in Ostpreußen zu schaffen. Diese umfasste einige hundert Originalgemälde und Kopien, vielfach aus der italienischen Renaissance, Plastiken, Antiken, Gipsabgüsse, Kupferstiche, eine Münzsammlung und eine Bibliothek. Das Schloss umfasste zuletzt 368 Räume, 12 Säle und 12 Eingänge, von denen allerdings einige wieder zugemauert wurden.[2]

Fritz von Fahrenheid war homosexuell und in tiefer Freundschaft dem Major Ulrich von Salpius (1828 – 1867) verbunden, der im Park von Klein Beynuhnen begraben wurde. Das hinderte die Gesellschaft in seiner Zeit aber nicht, ihm die Ehrendoktorwürde der Universität Königsberg und die Ehrenmitgliedschaft der Akademie der Künste in Berlin zu verleihen. Von 1860 bis zu seinem Tod war er zudem Mitglied des Preußischen Herrenhauses. Das nach seinem Tod 1897 von Philipp Graf zu Eulenburg-Hertefeld herausgegebene Buch „Fünf Jahre der Freundschaft“ mit einer Sammlung der Briefe von Fritz von Fahrenheid spielte eine Rolle in der Harden-Eulenburg-Affäre 1907 – 1909.

Fritz von Fahrenheid wurde neben seinem Freund Salpius im sehr gepflegten Park – mit Skulpturen, kleinen Tempelchen (Laokoon, Peripteral-Tempel) und einem Teich im Westen – unter einer Gedenkplatte begraben und nicht im Erbbegräbnis der Familie in der Pyramide bei Szabienen. Mit Fritz starb die Familie von Fahrenheid im Mannesstamm aus.

Nach dem Tod des letzten männlichen Erben Fritz von Fahrenheid 1888 erbte den Beynuhner Besitz mit Gut Angerapp der Sohn der Schwester Friederike, Philipp von Bujack (1842 – 1892), der selbst den Namen Fahrenheid annahm. Da dessen Sohn Horst von Bujak (1867 – 1904) keine männlichen Nachkommen hatte, wechselte nach dessen Tod erneut die Erbfolge.

Die Schwester von Philipp von Bujak, Anna Theodora, hatte 1868 den Hauptmann und späteren General Johann Friedrich Eduard von Altenstadt (1836 – 1925) geheiratet. Sie erbte zunächst Groß Medunischken und nach dem Tod ihres Neffen die Herrschaft Beynuhnen Durch veränderten Erbvertrag von 1904 wurde ihrem ältesten Sohn Wolfgang Schmidt von Altenstadt (9. 8. 1869 – 11. 6. 1924), Rittmeister a. D. und Ehrenritter des Johanniterordens, die Herrschaft Beynuhnen übertragen und dieser nahm den Namen „Fahrenheid-Beynuhnen“ an.[3] Von ihm erbte sein Sohn Wolfgang (30.7. 1906 – 23. 3. 1945), der in einem Pflegeheim für geistig Erkrankte in Wien starb. Ein eigentlich als Nachfolger vorgesehener Hauptmann in der Familie fiel 1941 bei Smolensk.[4] Die Eroberung Ostpreußens durch die Rote Armee machte weitere Erbfolgeüberlegungen hinfällig.

Im seinerzeit noch schlichten Landhaus von Beynuhnen, das dem Schloß vorausging, lebte längere Zeit Sophie Juliane Friederike Wilhelmine von Dönhoff (17.10.1768 – 28. 1. 1834 in Werneuchen), die zur linken Hand mit König Friedrich Wilhelm II. verheiratet war. Julie von Dönhoff trat mit 21 Jahren als Hofdame in die Dienste des preußischen Königs Friedrich Wilhelm II. Am 11.4.1790 wurde sie ihm als Gemahlin zur “linken Hand” angetraut und zur Gräfin von Brandenburg erhoben. Doch bereits im Juni 1792 verdrängte Wilhelmine Encke, nachmalige Gräfin Lichtenau, die Dönhoff. Sie wurde des Hofes verwiesen und ins Exil nach Angermünde verbannt. Man sagt, sie sei dem König geistig zu sehr überlegen gewesen. Später gelangte sie dann offenbar nach Beynuhnen. Gräfin Dönhoff hatte zwei Kinder mit Friedrich Wilhelm II.: Julie Gräfin von Brandenburg (1791 – 1848) und Friedrich Wilhelm Graf von Brandenburg (1792-1850). Letzterer war später preußischer Ministerpräsident und unterzeichnete als solcher 1848 die von König Friedrich Wilhelm IV. verfügte Verfassung

Im Park von Beynuhnen fiel am 11. 9. 1914 im Kampf gegen die Russen der Bataillonskommandeur Major Wilhelm Bronsart v. Schellendorff, Herr auf Schettnienenm Ruhnenberg und Samsdorf, Ehrenritter des Johanniterordens.



[1] Rüdiger von Voss, Niemandsland, S. 161/162
[2] Rüdiger von Voss, Niemandsland, S. 166
[3] Rüdiger von Voss, Niemandsland, S. 234
[4] Rüdiger von Voss, Niemandsland, S. 287

Literatur

Rüdiger von Voss „Niemandsland“ -Spurensuche. Die Farenheids und die Schmidt von Altenstadts – Erinnerungen an Ostpreußen

Eingeleitet wird das Buch durch Anmerkungen zur Geschichte Ostpreußens und zum Kampf der Historiker um die Entstehung des preußischen Kernlandes. Es folgen Hinweise zu den gutsherrlichen und bäuerlichen Verhältnissen sowie zur Geschichte des Kreises Darkehmen.
Im Kontext der Geschichte der Farenheids ist das Buch dem Leben und Wirken von Fritz von Farenheid und seinen Freunden gewidmet. Auch der Eulenburg-Prozeß wird in diesem Zusammenhang behandelt. Ein weiterer Schwerpunkt ist die Darstellung des Schlosses Beynuhnen und der bedeutenden Kunstsammlung.

Es folgt die Geschichte der verwandten Familie Schmidt von Altenstadt, die ebenso wie die Familie Farenheid auf eine 500jährige Geschichte zurückblicken kann. Nach der Darstellung des altenstadtschen Besitzes Medunischken folgt die Spurensuche in Oberfranken. Einzelne Kapitel sind der Pferdezucht und dem Jagdwesen zugeordnet.

Das letzte der 18 Kapitel schildert eine Reise nach Ostpreußen im Sommer 2017 über Posen, Königsberg, Gumbinnen, Angerapp bis zur Wolfsschanze, über Sensburg nach Danzig und Stettin.

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