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Lötzen-Stadt

Geschichte der Stadt Gizycko – Lötzen

An der schmalsten Stelle zwischen dem Löwentinsee (jez. Niegocin) und dem Kissainsee (jez. Kissajno) und damit als wichtige Durchgangssperre zwischen Angerburg und Johannisburg entstand um 1335 unter Hochmeister Dietrich von Altenburg (1335 – 1341) drei km von Lötzen entfernt ein Wildhaus aus Holz, die “Leczenburg”. Im Zuge der häufigen Auseinandersetzung mit den Litauern wurde diese Wehranlage 1365 unter deren Anführer Fürst Kynstut zerstört. Man baute sie zwar wieder auf, aber der Standort war nicht sicher genug. Deshalb verlegte man den Burgplatz 1390 an die heutige Stelle nahe der Stadtbrücke des Verbindungskanals und errichtete dann ein Ordensschloß aus Stein. In der Burg zu Lötzen residierte ein Pfleger der Komturei Brandenburg, später der Komturei Rhein.

Der west-östliche Handelsverkehr auf der Route Rastenburg – Rhein – Lyck kam zwangsläufig an dieser Seeenge vorbei. Im Schutz der Burg spannten die Kaufleute aus und nutzten den Aufenthalt, um Geschäfte zu machen. So entstand um die Mitte des 14. Jhs. neben der Burg die Scharwerkssiedlung “Neuendorff” und die wurde im Laufe der Zeit ein regionales Marktzentrum.

Die Handelsniederlassungen um den heutigen Marktplatz bildeten bald auch einen Anziehungspunkt für Handwerker und sonstige Gewerbetreibende, was die Entwicklung der Gemeinde förderte. Für diese Siedlung gilt das Jahr 1340 als Gründungsdatum, weswegen man am 31.5./1.6 2000 in der Feste Boyen und in Lötzen sowie am 25. 8. 2000 in Neumünster das 660. Gründungsjubiläum der Stadt Lötzen feierte.

Für den wachsenden Handelsplatz tauchte 1506 erstmals der Name “Leczen” auf und dieser Name dominierte zusehends. Im Anfang des 16. Jhs. verschwand die Bezeichnung Neuendorff. Zukünftig sprach man oft nur noch von dem “Städtlein vor dem Schloß”, das aber vorläufig noch Dorf blieb und von einem Schulzen verwaltet wurde, aber immerhin damals schon 5 Krüge beherbergte. Unter dem Regenten Kurfürst Johann Sigismund erhielt die Gemeinde dann 1612 das Stadtprivileg und 1987 feierte man das 375jährige Stadtgründungsjubiläum.

Die Tataren zerstörten 1657 die Stadt bis auf Kirche und Rathaus erheblich und töteten oder verschleppten viele Bürger. Ähnliche Gebäudeschäden richtete1686 ein großer Brand an, der auch die Kirche in Mitleidenschaft zog. Die Große Pest 1709 – 1711 forderte in Lötzen 800 Opfer. Das waren zwei Drittel der Einwohnerschaft. Erst durch Zuwanderung vor allem von Salzburger Flüchtlingen konnte diese Lücke wieder ausgefüllt werden.

Ab 1742 gab es in Lötzen eine Garnison und bis zum Ende des 18. Jhs. war hier eine Abteilung der “Schwarzen Husaren” einquartiert, deren Stabsquartier sich in Goldap befand. Nach den Freiheitskriegen der napoleonischen Zeit war in Lötzen kurz eine Ausbildungsstätte für den Landsturm etabliert. Doch erst mit dem Bau der Festung Boyen 1844 vor den Toren der Stadt ließ sich das Militär in größerem Umfang nieder. Im Zuge der großen preußischen Verwaltungsreform wurde Lötzen 1818 Verwaltungsstandort des Kreises Lötzen. Insofern wurde aus der Bauern- und Händlerstadt im Laufe des 19. Jhs. eine Garnisons- und Beamtenstadt.

Erste Impulse für den wirtschaftlichen Aufschwung durch den Bau des Verbindungskanals 1765 – 1772 wurden verstärkt durch dessen Ausbau 1857 und durch den Anschluß an das Eisenbahnnetz 1868. Diese positive Entwicklung konnte auch durch immer wiederkehrende Stadtbrände, Mißernten und Seuchen nicht entscheidend gebremst werden, auch nicht dadurch, dass 1812 an die 60.000 Soldaten der napoleonischen Armee auf dem Weg zur Eroberung Russlands durch die Stadt zogen und erhebliche Ressourcen beanspruchten oder dass 1822 ein großer Brand zwei Drittel der Stadt und die Kirche einäscherte.

Einige wenige Juden gab es in Lötzen schon im 18. Jh. Nach dem “Edikt betreffend die bürgerlichen Verhältnisse der Juden in dem Preußischen Staate vom 11. März 1812” stieg ihre Zahl spürbar an. 1857 zählte man 77 jüdische Einwohner, 1933 waren es noch 73. Ihren Berufen nach waren es Kaufleute, Händler, Ärzte und Juristen. Die Synagoge in Lötzen wurde in der Reichsprogromnacht zerstört. Wer sich der Verfolgung durch die Nazis nicht durch die Emigration entziehen konnte oder wollte, wurde in die Vernichtungslager deportiert.[4]

Durch seinen Standort mitten im Gebiet der großen Seen erschloß sich Lötzen im Laufe des 20. Jhs. sein touristisches Potential. Das sportliche Angebot und die schöne Lage inmitten der Seenlandschaft ließen es zu einem touristischen Zentrum werden und man nannte die Stadt bald das “Herz Masurens”. In den 1920er Jahren entstanden am Ufer des Löwentinsees ein Strandbad, die Jugendherberge, Seglerclubhaus, Bootshäuser für Ruderer und Kanuten, Gasthäuser.

Im 1. Weltkrieg war Lötzen mit seiner Feste Boyen ein starker Stützpunkt im Kampf gegen die russischen Armeen. Lötzen selbst war zwar von den Russen besetzt oder zumindest eingeschlossen, wurde aber offenbar nicht erheblich beschädigt. Eine Anzahl von Häusern mußte allerdings von deutscher Seite beseitigt werden, um für die Feste Boyen ein freies Schußfeld zu bekommen. Nachdem die 1. Russische Armee unter General Rennekampf im September 1914 in der Schlacht an den Masurischen Seen zurückgedrängt worden war, attackierten die Russen am 10. November 1914 die deutsche Linie südlich von Lötzen erneut. Am 7. Februar 1915 begann an diesem Frontabschnitt die “Winterschlacht an den Masurischen Seen” und die deutsche Armee schlug die Russen bis nach Augustow zurück. . Fast wäre es erneut gelungen, die noch in Ostpreußen stehende 10. Russische Armee zu umfassen. Zwei Armeekorps konnten jedoch entfliehen, ein weiteres wurde zerschlagen und ein Armeekorps kapitulierte. Die Russen verzeichneten 60.000 Tote und Verwundete, 100.000 Russen gerieten in Gefangneschaft und die Deutschen erbeuteten 300 Geschütze. Die eigenen Verluste betrugen 16.200 Mann[3]. Damit war Ostpreußen endgültig von den Russen befreit. Bereits am 13. Februar 1915 erschien Kaiser Wilhelm II. in Begleitung von Feldmarschall von Hindenburg in Lötzen, um sich vom Erfolg der Offensive zu überzeugen und die entstandenen Schäden zu begutachten. Zwischen dem 22. Februar und dem 2. Oktober 1915 war Lötzen Sitz des Armeeoberkommandos Ost. Die Diensträume befanden sich im Jacoby-Haus (Lycker Str. 4) und Hindenburg wohnte mit Ludendorff in der Villa des Rechtsanwalts Hardwig neben dem Bahnhofshotel.[5]

Nach dem 1. Weltkrieg und ansteigendem Tourismus nahm Lötzen eine gute wirtschaftliche Entwicklung. In den 1930er Jahren gab es 150 Handwerksbetriebe, darunter 16 Bäckereien und 16 Fleischereien. Die “Masurischen Holzwerke” zählten zu den größten Sägewerken im östlichen Ostpreußen. Es gab Mühlenwerke, eine Molkerei, die Kalksandsteinwerke Boyen, etliche Ziegeleien und die Lötzener Bootswerft, die 1899 den Schiffbau von Gilge nach Lötzen gebracht hatte. Unter den Nazis wurde vor allem die Verkehrsinfrastruktur ausgebaut.[6]

Das Kurhaus, dass ursprünglich dem Schloß gegenüber stand, brannte bereits 1938 ab und wurde nicht wieder aufgebaut.

In der Endphase des 2. Weltkriegs galt Lötzen als eine der bestausgerüsteten und kampfkräftigsten Festungen in Ostpreußen. Dieser Anspruch hielt der Wirklichkeit jedoch nicht stand: am 24. Januar 1945 wurde die Stadt nach kurzen, heftigen Kämpfen aufgegeben, am 26. Januar endgültig von den Sowjettruppen besetzt. Die Feste Boyen hatte man nicht verteidigt. Vor allem im Stadtzentrum gab es viele Ruinen. Auch das ehemalige Schützenhaus mit Restaurant im Stadtwald ist vernichtet. Die Steine etlicher Häuser transportierte man für den Wiederaufbau Warschaus ab.

Trotz der Proteste der lokalen Bevölkerung, die die Namen “Lec” oder “Luczany” bevorzugte, orientiert man sich 1946 bei der Namensgebung der Stadt nach dem 2. Weltkrieg an Gustav Gisevius (1810 – 1848).[1] Er wurde 1810 in Pisz – Johannisburg als Sohn des dortigen Rektors geboren, besuchte das Gymnasium in Elk – Lyck und studierte an der Universität in Königsberg Theologie. Bekannt und besonders von den Polen verehrt wurde er, weil er sich maßgeblich für die Pflege der polnischen Sprache in Ostpreußen einsetzte. Von 1835 – 1848 war er evangelischer Pfarrer in Osterode und ansonsten Herausgeber polnischer Zeitungen.

In Polen hat sich Lötzen zu einem überaus beliebten Wassersportzentrum entwickelt. Man spricht sogar von der “Sommerhauptstadt Masurens”.

Wintersport: Zwischen Lötzen und Lyck in Okragle – Okrongeln/Schwanensee, 10 km von Arys entfernt, befindet sich ein Skigebiet, das über drei Schlepplifte verfügt – 100, 300 und 700 Meter lang. Dazu gibt es ein Restaurant, Skiverleih und Skischule. Auf Wunsch ist auch Nachtskifahren möglich. Weitere Infos siehe unter skimazury.pl

In Lötzen geboren wurde der seinerzeit berühmte Hofarzt und Botaniker Matthias Ernst Boretius (18. 5. 1694 – 4. 10. 1738), weil er die Pockenimpfung in Preußen einführte. Boeretius studierte Medizin in Königsberg, reiste durch Deutschland, nach Holland und England und wurde danach als Professor für Medizin an die Albertina berufen. Friedrich Wilhelms I. ernannte ihn zum Hofarzt und königlichen Berater. Außerdem war er als Botaniker mit dem Spezialgebiet der Kräutermedizin berühmt. Leben und Werk zeigt eine Ausstellung “Die Entwicklung der Medizin in Ostpreußen im 18. Jahrhundert” im Museum für Volkskultur in Angeburg und zeitweise im Museum Friedländer Tor in Königsberrg.[2]

Wojciech Ketrzynski (1838 – 1918) wurde in Lötzen als Adalbert von Winkler geboren und hatte väterlicherseits polnische Vorfahren. Er besuchte das Vorgymnasium in Lötzen und bestand bereits 1855 dank seines großen Fleißes die Aufnahmeprüfung für das Gymnasium in Rastenburg. Nach dem 2.Weltkrieg erhielt die Rastenburg einen polnischen Namen, der von seinem Familiennamen abgeleitet wurde.


[1] Malgorzata Jackiewicz-Garniec/Miroslaw Garniec, Burgen im Deutschordensland Preußen, Olsztyn 2009, S. 158
[2] PAZ, Medizin in Ostpreußen, Ostpr.bl. 36/2013 (7. September), S. 13
[3] Jürgen W. Schmidt, Fast ein zweites Tannenberg, PAZ Nr. 7/2015 (14. Februar), S. 11
[4] Polnischer Ausstellungstext 2014
[5] Ausstellungstext Feste Boyen 2014
[6] Ausstellungstext Feste Boyen 2014

Literatur

Der Kreis Lötzen