Pogegen

Pagėgiai – Pogegen/Ordenswalde

Das alte Pogegen war ein unbedeutendes Bauerndorf, bis es nach dem 1. Weltkrieg zum Kreisort in der natürlichen Mitte eines neu geschaffenen Kreises Pogegen auserkoren wurde, weil sich die Eisenbahnen nach Riga und Memel und die Überlandstrassen des neuen Kreises etwa hier trafen. Der Kreis Pogegen mit einer Fläche von 93.900 ha war der waldreichste Kreis im Memelland und verfügte über Waldungen von 20.817 ha von insgesamt 38.156 ha.[1] Nach der Rückkehr des Memellandes ins Deutsche Reich wurde der Kreis Pogegen wieder aufgelöst und aufgeteilt auf die Kreise Heydekrug und Tilsit-Ragnit.[2]

Die erste urkundliche Erwähnung von Pogegen erfolgte 1307. Verwaltet wurde der Weiler von der Komturei Ragnit. Die Besiedlung begann in der Zeit um 1500.[3] Als die Ragniter im 19. Jh. wirtschaftlich nach Norden expandierten, erhielt Pogegen einen Anschluß an die Bahnlinie Memel – Tilsit – Insterburg sowie an die Chaussee nach Riga. 1902 wurde die Kleinbahn Pogegen – Schmalleningken eröffnet.

Im 1. Weltkrieg hatte Pogegen unter der Besetzung durch die Russen zu leiden. Nachdem das Memelland 1920 vom Reich abgetrennt und 1923 von den Litauern okkupiert wurde, entwickelte sich in dem neuen Kreisort eine Kreisverwaltung, die entsprechendes Personal und eine passende Infrastruktur benötigte, die dann auch geschaffen wurde. Es entstanden zahlreiche neue Handwerksbetriebe und in Bahnhofsnähe ein Geschäftsviertel. Eine landwirtschaftliche Realschule und ein litauisches Progymnasium wurden eröffnet. Für die Energieversorgung wurde ein eigenes Elektrizitätswerk errichtet. 1925 hatte sich die Zahl der Einwohner um mehr als das Doppelte auf 1.404 erhöht. (Wikipedia) Im Kreiswäldchen entstand das Landratsamt. Es wurde für die litauischen Beamten der Bahn, des Zolls und der Grenzpolizei eine katholische Kirche gebaut, später die evangelische Kirche.[4] Am 23. März 1943 erhielt Pogegen die Stadtrechte und einen neuen Namen: Ordenswalde. Der galt aber nicht lange, denn am 20 Oktober 1944 eroberte die Rote Armee die Stadt.

Nach dem Krieg wurde Pogegen die Kreisstadt eines Landkreises, aus dem man Heydekrug herausgenommen hatte. (Wikipedia)

1933 erhielt Pogegen eine evangelische Notkirche, die 1938 erweitert und durch einen Turm ergänzt wurde. Diese Kirche in Pogegen wurde von 1993 bis 2001 wiederaufgebaut.[5] Dass die stark verwahrloste Kirche überhaupt wieder in einen guten Zustand versetzt wurde, ist das Verdienst von Herbert Mattukat (1922 – 2008), der in dieser Kirche getauft wurde und dem es ein Herzensbedürfnis war, dieser Institution seiner Jugend wieder nutzbar zu machen. Er plante den Wiederaufbau vor Ort, leitete die Bauarbeiten und wirkte als hauptsächlicher Geldgeber für diese Aufwendungen. Im November 2001 konnte die Kirche mit einer vom ihm gestifteten Glocke erneut eingeweiht werden. Eine Gedenktafel von 2005 in der Kirche erinnert an den Memelländer.[6]

Im Jahr 1992 wurde in Pogegen ein Holzkreuz als Denkmal für die Wolfskinder errichtet, die am Ende des 2. Weltkriegs ihre Familien verloren hatten und unter schrecklichen Bedingungen und Demütigungen ihr Leben vielfach auch in Litauen zu fristen versuchten. Da dieses Kreuz morsch geworden war, wurde es mit Unterstützung des Freiherrn von Stetten, der die Wolfskinder seit Jahrzehnten unterstützt, aus soliderem Holz neu aufgestellt. Es trägt jetzt folgende Inschrift: “Wiedererrichtet 31 Mai 2014/ Mit großem Dank an die Litauer, die nach 1945 tausenden deutschen ‘Wolfskindern’ das Leben retteten./ Prof. Dr. Wolfgang Freiherr von Stetten/ Honorarkonsul der Republik Litauen”[7]

Das noble Verhalten vieler Litauer darf nicht davon ablenken, dass es auch im polnischen Teil Ostpreußens gestrandete Waisenkinder gab. Diese wurden weitgehend bis 1950 in die DDR oder nach Westdeutschland ausgesiedelt, aber in möglichst humaner Weise mit personeller Betreuung, ausreichender Ernährung und unter guten hygienischen Bedingungen.[8]

Viele Bilder und Landkarten zu Pogegen siehe unter http://wiki-de.genealogy.net/Pogegen


[1] Heinrich A. Kurschat, Das Buch vom Memelland, 2. Aufl. 1990, S. 432
[2] Heinrich A. Kurschat, Das Buch vom Memelland, 2. Aufl. 1990, S. 439
[3] Heinrich A. Kurschat, Das Buch vom Memelland, 2. Aufl. 1990, S. 418
[4] Heinrich A. Kurschat, Das Buch vom Memelland, 2. Aufl. 1990, S. 112
[5] Oprbl. Nr. 29, 2008, S. 15
[6] Memeler Dampfboot, 20. 2. 2010, S. 24
[7] W.v.S., Wolfskinderkreuz wiedererrichtet, Oprbl. Nr. 28/2014 (12. Juli), S. 13
[8] Brigitte Jäger-Dabeck in Masurische Storchenpost, Juli 2018, S. 14 ff