Warkaly – Workallen
Die Nachfolgenden Ausführungen stammen wesentlich von Hans-Lothar Kallnischkies, der sich intensiv mit der Geschichte von Workallen befasst hat. Sein Vater war 1940 – 1942 Gutsverwalter bei dem letzten deutschen Gutsbesitzer und er selbst hat in dieser Zeit seine Kindheit dort verlebt.
Zur Ordenszeit befand sich in Workallen ein Vorwerk des Ordens, auf dem vornehmlich Viehzucht betrieben wurde. So gab es hier 1428 auf dem Hof 31 Pferde, 40 Rinder und 44 Schweine. Die Bearbeitung der Äcker überließ man den Bauern.
Das Dorf wurde 1398 gegründet, als Hochmeister Konrad von Jungingen dem getreuen Luccas Hauck 7 Hufen erblich im Feld Warkallen zu Magdeburger Recht verlieh. In Zeiten äußerer Bedrohung des Landes hatte dieser ein Pferd zu stellen, die Landwehr zu verstärken und beim Burgbau zu helfen. Ansonsten waren seine Ackerflächen im Rahmen der Ordensvorschriften abgabepflichtig. In etwa dieser Zeit entstand auch das Gut in einem Flussbogen der kleinen Liebe (Milakówka). Die Abgaben in Geld betrugen 1448 neben den Naturalabgaben insgesamt für Dorf und Gut 14 Mark, 1 1/2 Pfennige.
Im Laufe der Jahrhunderte stieg die Anzahl der Dorfbewohner, allerdings bei beachtlichen Schwankungen. Waren es am Anfang 5 Bauernstellen, die sich im 16. und 17. Jh. auf 12 Bauern erweiterten, zählte man 1785 ganze 5 Feuerstellen und 1820 ganze 9 Feuerstellen mit 102 Seelen (GenWiki – Workallen). 1907 waren es etwa genau so viele.
Zu Beginn des 20. Jhs. war die Familie Pelke der Eigentümer, danach seit den 1920er Jahren bis zum Beginn der 1930er Jahre die Familie Waschau. Dann erwarb das Gut der Textilindustrielle Hinrich (Heinrich) Pferdmenges (gest. 22. 9. 1947) aus Rheydt im heutigen Nordrhein-Westfalen, der 1935 auf einem neuen Ortsteil von Workallen, nach ihm benannt als Hinrichssegen – heute Henrykowo, die Grundlagen für eine Tuchfabrik mit Spinnerei und Weberei legte, die wohl 1937 in Betrieb ging. Mit 800 Beschäftigten war dieses Unternehmen der einzige Großbetrieb im Kreis Mohrungen. Die etwa 1.000 ha großen Ländereien des Guts wurden in dieser Zeit von der Ostpr. Landgesellschaft aufgesiedelt. Im Gutshaus wohnten der Direktor der Tuchfabrik und der Gutsverwalter Emil Franz Kallnischkies. Hinrich Pferdmenges erschien ausgesprochen selten vor Ort.
Das neogotische Gutshaus aus der Wende vom 19. zum 20. Jh. hat Krieg und Nachkrieg überlebt. Ein staatliches Gut hatte hier Wohnungen für seine Angestellten eingerichtet und die Verwaltung untergebracht. Renovierungsarbeiten, auch am Dachstuhl, wurden allerdings 1989 eingestellt. Im Innern sind einige Holzarbeiten, Deckenumrahmungen und Kassettendecken erhalten. Die Gebäude der Tuchfabrik wurden im Krieg zerstört.
Der Gründung der Textilfabrik in Hinrichssegen lag die Idee zugrunde, den durch die fortschreitende Mechanisierung wirtschaftlich immer mehr bedrängten Landarbeitern alternative Arbeitsplätze zu verschaffen. Das ostpreußische Werk ging durch den 2. Weltkrieg verloren, doch die Idee lebte fort. Hinrich Pferdmenges fasste seine industriesozialen Erfahrungen und Erkenntnisse 1946/47 in einer Denkschrift “Industrielle Beiträge zur abendländischen Lösung des Sozialproblems” zusammen. Der Unternehmer Hans Georg Fritsch, der aus Schrottteilen Textilmaschinen anfertigen ließ und von den Gedanken Hinrich Pferdmenges offensichtlich beeindruckt war, begann 1949 zwischen Bad Aibling und Bruckmühl bei Rosenheim in Bayern nach dem Vorbild des ostpreußischen Hinrichssegens den Aufbau einer neuen Tuchfabrik “Hinrichssegen II” und der Errichtung von Siedlungshäusern für die Textilarbeiter. 400 Menschen erhielten hier eine Existenzgrundlage und eine neue Heimat. Mit dem Jugendhaus erhielt das neue Gemeinwesen 1952 eine Heim- und Bildungsstätte für jugendliche Heimatvertriebene und die erste Schule für Textilberufe in Oberbayern. In der ersten Hälfte der 70er-Jahre übernahm die Firma Fritzmeier das Areal der Tuchfabrik nach deren Liquidation, um dort Kunststoffprodukte zu fertigen. Aber das 1953 gegründete Sozialwerk Hinrichssegen e.V. existiert immer noch.[1]
[1] OVB online, Flucht und Vertreibung: Neue Heimat, 16. 6. 2009; Ostpreußenblatt Nr. 3/1952 (15. September), S. 3