Gardyny – Gardienen
Die Gegend von Gardienen westlich von Skottau auf dem Weg nach Gilgenburg war ursprünglich vielleicht germanisches Siedlungsgebiet, in dem jedoch später die Prußen sesshaft wurden. Auf dieses Volk verweist eine Fliehburg in Form eines Kegels ohne Kuppe von 60 Meter Höhe und oben einem Durchmesser von 30 Metern, umgeben von einem 20 Meter hohen Wall. In den kriegerischen Zeiten des 9. Bis 12. Jhs. konnte sich die Bevölkerung bei Gefahr hierher zurückziehen und längere Zeit überleben. Möglicherweise gab es eine unterirdische Kaverne, in der ausreichend Wasser gespeichert wurde. Die allgemein übliche Bezeichnung der Fliehburg als Schwedenschanze ist insofern irreführend.[4]
Der Ort Gardienen gehörte zu der riesigen Landverschreibung von 1.440 Hufen an Peter von Heselicht 1321. Später – wann genau, ist nicht bekannt – entstand hier ein Gut. Auf diesem war im 16. Jh die Familie v. Kikoll ansässig, die um 1630 den Hauptmann von Neidenburg stellte. Das Gut hatte 1838 eine Fläche von 48 Hufen (à ca. 16,5 ha = knapp 800 ha) und gehörte einem Karl Klebs. Das Dorf, in dem 1838 zwölf Bauern wirtschafteten, gehörte dem Typus des Straßendorfs an und hatte eine Länge von etwa 1 km. Es liegt am etwa 20 ha großen Gardiener See, der nicht von zulaufenden Wassern, sondern aus unterirdischen Quellen gespeist wird und daher im Winter nicht zufriert. Das Wasser wird von der Moranse abgeleitet, die bei Allenstein in die Alle mündet. In der Umgebung gibt es viele Sümpfe und Wiesen.
Zu Gardienen gehörte eine Domäne mit einer landwirtschaftlichen Fläche von ca. 450 ha und eine Molkerei. Im Jahr 1939 verfügte Gardienen über 460 Einwohner.
Im 1. Weltkrieg war Gardienen drei Tage lang von russischem Militär besetzt. Es gab jedoch keine wesentlichen Zerstörungen, nur die Windmühle brannte ab. Dagegen wurde im Umfeld des Dorfes erheblich gekämpft. Auf dem Ehrenfriedhof des Ortes fanden über 350 russische und über 120 deutsche gefallene Soldaten ihre letzte Ruhe.[1]
Die Kirchengemeinde erhielt 1596 einen am See gelegenen Neubau, der 1743 unter dem Patronat des Erbhauptmanns von Gilgenburg, Graf Finck von Finckenstein, von einem barocken Saalbau abgelöst wurde. Der Turm stammt wohl noch vom Neubau 1596.[2] In Süden gab es einen Vorbau. Im Norden war die Sakristei angefügt. 1721 war sie Filialkirche von Waplitz, 1870 – 1901 von Usdau, und wurde 1902 selbständig. 1931 wurde die Kirche gründlich restauriert und dabei der Spitzbogeneingang rundbogig verändert. Die größere Glocke wurde 1633 von Niklas Schmidichen gegossen, die kleinere der beiden Glocken hatten 1691 der Patron Ernst Finck und Gräfin Juliane Charlotte Finck von Finckenstein aus Gilgenburg gespendet.
Eine Schule in Gardienen ist erstmals für 1579 dokumentiert. Im 20. Jh. gab es ein zweiklassiges Schulgebäude.
Am 18. Januar 1945 begaben sich die meisten Einwohner von Gardienen auf die Flucht. Von den Ausharrenden wurden beim Einmarsch der Sowjets zwei Tage später 12 Personen erschossen, darunter der Bürgermeister Jacobus und der Landjägermeister Erich Schwarz.[3]
[1] Adalbert Kaminski, Mein Heimatdorf Gardienen, Neidenburger Heimatbrief, Pfingsten 1986, S. 13 f
[2] Kunstgeschichtliche Notizen über die Kirchen nach Dehio-Gall, Neidenburger Heimatbrief, Pfingsten 1984, S. 11
[3] Historisches Einwohnerverzeichnis – Taufen, Heiraten, Tote nach den Kirchenbüchern von Gardienen 1814 – 1875. Mit einem Beitrag zur Geschichte der evangelischen Kirchengemeinde. Erschienen im Selbstverlag der GeAGNO, Am Alten Berg 1, 64342 Seeheim-Malchen, Preis: 13.50 €. Bezugsquelle: Reinhard Kayss, Westerwaldstrasse 12, 65462 Ginsheim, Tel.: 06144 321 75, mail: rkayss@t-online.de
[4] Martin Hennig, Die „Schwedenschanze“ in Gr. Gardienen, Neidenburger Heimatbrief, Pfingsten 2024, S. 30 f