Grünfließ liegt inmitten eines riesigen Waldgebietes. Die großen Wälder waren auch bevorzugte Jagdgebiete. So machte Gauleiter Erich Koch z. B. das Gebiet aller vier Oberförstereien des Kreises Neidenburg, Grünfließ, Kommusin, Kaltenborn und Hartigswalde, fast 28.000 ha groß, zu seinen privaten Jagdgründen. Er soll hier gejagt haben, als wollte er gegen das Wild Krieg führen, wird berichtet. Die Forstamtsleiter, die deswegen gegen Koch opponierten, wurden kurzerhand in Förstereien außerhalb Ostpreußens versetzt. Koch ließ sich das Forsthaus Goldberg zu seiner Jagdresidenz einrichten und eine Jagdhütte in den Goldbergen bauen. Als sich der Kommissar der Ukraine aus dem eroberten Gebiet zurückziehen musste, lagerte er seinen luxuriösen Hausrat und ein Arsenal von Jagdwaffen von dort im Forsthaus Goldberg ein. Alles fiel 1945 den Eroberern in die Hände.
Es gibt das Waldschutzgebiet Napiwoda – Grünfließ, das aus 10 ha Mischwald besteht, und das ebenso große Naturschutzreservat Majna Góra – Mainaberge mit Kiefern und Wacholderunterwuchs, das zum Gebiet der Oberförsterei Zimna Woda – Kaltenborn gehört. An diese ist auch ein kleiner Wald aus Kiefern und Eichen bei der Försterei Uscianek – Uszannek/Trotha angeschlossen. Hier gab es im Jagen 11 die sog. Trotha – Kiefer, wo am 30. 8. 1914 Generalmajor v. Trotha zusammen mit 146 seiner Soldaten[1] in einem Gefecht den Tod fand. Zum Andenken an den General erhielt der Ort Uszannek seinen Namen. Als etwa 1950 der Hochwald in der Umgebung für Übungszwecke kahl geschlagen wurde, blieb die Trotha-Kiefer aus Respekt stehen. Der Forsthof Trotha hat den Krieg und die Nachkriegszeit überstanden und dient unverändert den polnischen Revierförstern als Wohn- und Amtssitz.[2] Auf dem hiesigen Soldatenfriedhof befanden sich neben den gefallenen 146 Deutschen das Massengrab für 209 Russen.[3] Dieser Friedhof, etwa 200 Meter hinter der Kreuzung Malgaofen – Rettkau, von Malgaofen aus links, war nach dem Stand von 1998 verwahrlost. Am Ortseingang von Malgaofen gibt es einen weiteren Ehrenfriedhof, wo 14 Deutsche und 166 Russen, die einen Tag später fielen, ihre letzte Ruhe fanden. Der Friedhof war zwar nicht sonderlich gepflegt (Stand 1998), aber die Grabumrisse waren noch gut zu erkennen, die Namenstafeln noch weitgehend vorhanden und der Gedenkstein war, wenn auch umgestürzt, noch gut zu lesen.[4]
Einige Seen bilden die Seenplatte des Grünfließer Forstes. Der größte ist der 5 qkm große und malerische Omulefsee (jez. Omulew), dem der gleichnamige Fluß entspringt, der in die Weichsel mündet. Der südwestliche Uferabschnitt liegt höher und von hier aus kann man über das üppige Schilf hinweg den Seespiegel erkennen. In den Uferwäldern wachsen besonders schöne Eichen. Nördlich des Omulefsees gibt es auf dem Gelände der Förstereien Jelen – Kommusin und Wikno – Terten das 1996 eingerichtete Reservat Koniuszanka (Schwarzer Fluß). Dieses klare, dunkle Flüßchen schlängelt sich durch einen prächtigen Mischwald mit etlichen alten Baumveteranen. Gleich am Anfang des Reservats steht eine gewichtige alte Eiche. Auf dem gut begehbaren Naturlehrpfad befinden sich weitere 12 als Naturdenkmäler eingestufte Eichen mit einem geschätzten Alter von 300 bis 380 Jahren. Ungefähr 400 m südlich des Forsthauses Terten steht die mehr als 900 Jahre alte Kaiser-Wilhelm-Eiche, so genannt seit dem Tod des ersten Kaisers 1888, mit 7,5 m Stammumfang die mächtigste Eiche der Johannisburger Heide. Sie erreicht eine Höhe von 32 Metern.[5].
Südlich des Omulefsees erheben sich die Zlote Góry – Goldberge 80 Meter über ihre Umgebung und erreichen eine Höhe von 229 Meter üNN. Die Goldberge galten als die schönste Waldhöhe der Gegend. Der Sage nach gab es tief drunten im Berg eine Goldschmiede, die von Zwergen und Heinzelmännchen betrieben wurde. Im Waldgebiet steht unverändert der Gedenkstein, der an den Förster Gustav Napierski aus Wallendorf erinnert, der 1920 in der Revierförsterei Wujewken/Goldberg von Wilderern erschossen wurde. Er trägt die Inschrift: „In Pflichttreue – 28. 3. 1920 – Gustav Napierski – Staatl. Forstgehilfe – durch Wilderer“[6]
Auf dem nördlich gelegenen Turmberg der Goldberge errichtete man 1880 einen 50 Meter hohen Aussichtsturm. Von dort konnte man über die nur teilweise bewaldeten Abhänge weit ins Land und auf die tiefer liegenden, bis an den Horizont reichenden Baumkronen schauen. Kurz vor dem 1.Weltkrieg wurde dieser Turm wegen Baufälligkeit abgerissen. 1934 wurde auf dem alten Standort aus Holzstämmen der Umgebung ein neuer Turm, aber größer, gebaut und vornehmlich als Feuerwacht genutzt. Auch den Wehrwölfen des Sonderdienst-Kommandos diente dieser Turm nach der Eroberung durch die Sowjets, um sich einen Überblick über die Gegend zu verschaffen.[7] Ein neuer Feuerwachturm auf derselben Höhe, voll gepackt mit Elektronik, ist aus Beton und nicht mehr öffentlich zugänglich.[8]
Die Region der Goldberge hatte eine subversive Aufgabe: als absehbar war, dass Ostpreußen den Sowjets in die Hände fallen würde, gründete das Generalkommando zu Königsberg bereits im Herbst 1944 ein so genanntes Sonderdienst-Kommando (SDK) für den Partisaneneinsatz hinter der Front. Stützpunkte waren das Forstamt Kaltenborn und das Forstamt Hartigswalde und dazu gehörten jeweils ein Hauptbunker und ein Reservebunker. Diese Unterstände waren wohnfest ausgestattet, verfügten über gut getarnte unterirdische Ein- und Ausgänge und über Vorräte an Proviant, Bekleidung, Waffen, Munition, Sprengstoff etc. Als im Januar 1945 der Ernstfall eintrat, waren der Revierförster Horst Tabert, Mainaberg, als Kommandoführer, der Forstarbeiter Wilhelm Szuplinski aus Ulleschen und der Forstarbeiter Otto Kölsch aus Wallendorf zur Stelle. Sie hielten sich erfolgreich in der Deckung und es gelang ihnen sogar einmal, einen Materialzug zu sprengen. Letztendlich konnten sie jedoch trotz unermüdlichen Einsatzes und Überwindung der bald eintretenden Mangellagen nichts ausrichten. Revierförster Tabert setzte sich im Herbst 1945 aus der Heimat ab. Auf dem Weg zum Bahnhof Allenstein wurde er von Russen festgenommen, wenn auch nicht als Partisan, und so brutal zusammen geschlagen, dass er an den Verletzungen starb, kaum dass er in Westdeutschland angekommen war. Wilhelm Szuplinski konnte sich am 30. November 1945 über Allenstein aus Ostpreußen absetzen, wobei er im Zug auf dem Weg nach Stettin und dann ins Rest-Reich noch von einer polnischen Bande ausgeraubt und verprügelt worden war.[9]
[1] Die Heimat einst, Neidenburger Heimatbrief, Sommer 1974, S. 35
[2] Die Heimat einst, Neidenburger Heimatbrief, Sommer 1974, S. 35
[3] Die Heimat einst, Neidenburger Heimatbrief, Weihnachten 1972, S. 20
[4] Marlies Deutesfeld, Die Ehrenfriedhöfe bei Malgaofen, Neidenburger Heimatbrief, Pfingsten 1998, S. 57
[5] Johannes Kalinowski, „Baumveteranen“ im Kreis Neidenburg, Neidenburger Heimatbrief, Pfingsten 1998, S. 60
[6] August Tadday, Wilhelm Szuplinski, der verwegene deutsche Partisan, und das Sonderdienst-Kommando Goldberg, Neidenburger Heimatbrief, Pfingsten 1998, S. 77
[7] August Tadday, Das Waldgebiet der Goldberge und das Sonderdienst-Kommando Goldberg, Neidenburger Heimatbrief, Weihnachten 1997, S. 83
[8] Werner Leben, Die Goldberge und ihre Umgebung, Neidenburger Heimatbrief, Weihnachten 2014, S. 59
[9] August Tadday, Das Waldgebiet der Goldberge und das Sonderdienst-Kommando Goldberg, Neidenburger Heimatbrief, Weihnachten 1997, S. 83 ff und Weihnachten 1998, S. 69 ff