Gut und Gutshaus Grasymy – Grasnitz
Östlich von Osterode, nicht weit vom Eißingsee (jez. Isag) entfernt, liegt Grasnitz. Hier befand sich ein 41 Hufen großes Gut, das der Hochmeister Winrich von Kniprode 1352 dem christianisierten Pruzzen Jacob Peter Grasmin übertrug und dieser gab dem Ort den Namen. Zu den späteren Besitzern gehörten die Familien v. Borcke (Ende 16. Jh. bis 1725).1725 erwarb Karl v. d. Groeben den Besitz. 1725 erwarb Karl v. d. Groeben (1672 – 1750) aus dem Hause Karschau den Besitz. Er hatte das von Friedrich von der Groeben (1657 – 1712) gegründete Majorat Ludwigsdort, westlich von Kiselice – Freystadt, zu dem auch das Gut Limbsee gehörte (zusammen ca. 2.000 ha), geerbt. Außerdem gehörten ihm die Güter Kloben (160 ha) und Kallisten (500 ha)[3] und alles zusammen bildete eine gute Basis für eine Expansion.
In den 1820er Jahren heiratete die Erbin Luise v. d. Groeben den August Stein von Kamienski, und diese Familie saß hier bis 1945.
Das Gut hatte eine seit dem 14. Jh. nur wenig veränderte Fläche von zuletzt 2.350 ha, davon die Hälfte Wald, der an den Taberbrücker Forst angrenzte und ebenfalls erstklassiges, feinringiges Schneideholz Taberbrücker Qualität lieferte. Neben Kiefern, Fichten und Eichen gab es einige Rotbuchenbestände und die Mischung der Baumarten war biologisch derart ausgeglichen, dass es keinen Schädlingsbefall gab.
Das auf einer Anhöhe gelegene Gutshaus kam unversehrt über den Krieg, wurde danach völlig ausgeplündert, wobei der hier wohnende sowjetische Kommandant höchstpersönlich einen Teil des wertvollen Mobiliars zu Feuerholz zertrümmerte.
Der Kern des Gebäudes stammt noch aus der Ordenszeit, wovon Kellergewölbe und Hausfundamente zeugen. Nach wesentlichen Veränderungen im 17. und 18. Jh. entstand die heute sichtbare Form des Vierflügelbaus mit großem Innenhof im 20. Jh. unter Albrecht von Stein: 1921 errichtet, kurz danach – 1922 – infolge eines Blitzeinschlags abgebrannt und, da gut versichert, bis 1924 wiederaufgebaut. Das Verwalterhaus entstammt der 1. Hälfte des 19. Jh.
Von der Innenausstattung überlebten 2 klassizistische Öfen und 2 weitere Öfen. Seit längerer Zeit und heute noch wird das Gutshaus als Heilanstalt für geistig Behinderte genutzt.
Im Grasnitzer Wald versteckt, südöstlich vom Gutshaus, liegt der Bubrinek-See. Zur Blütezeit im Frühling gab es hier ein Meer von blauen Veilchen, das viele Besucher anzog. 500 m südöstlich von Grasnitz befinden sich die Überreste einer prußischen Bergburg mit Ringwall.
Die Rehböcke in Grasnitz zählten lt. Gottfried Stein von Kamienski zu den besten in Deutschland. Sie errangen z. b. auf der Jagdausstellung 1937 in Berlin mehrere Goldmedaillen. Rot- und Schwarzwild war in großer Anzahl vorhanden, während die Jagd auf Hasen, Fasane, Rebhühner, Wassergeflügel etc. kaum lohnte. Anzumerken ist, dass es keine Hochsitze gab, weil man die für unwaidmännisch hielt. Man pirschte, und damit es beim Pirschen keine unliebsamen Geräusche gab, fegte man regelmäßig die Pirschwege.
Gut Grasnitz mit dem Vorwerk Langgut war bis etwa 1725 im Besitz der Familie von Borke.
Der LandratWolfgang von der Groeben (1672 – 1750) heiratete Elisabeth Köhn von Jaski aus dem Haus Grasnitz und brachte damit das Gut in seine Familie. Seine Urenkelin Eleonore von der Groeben (1795 – 1879) heiratete 1826 in zweiter Ehe August Stein von Kaminski (1795 –1840) und brachte Gut Grasnitz damit in dessen Familie. Der gemeinsame Sohn, der Rittergutsbesitzer Reinhold von Stein-Grasnitz (1836 – 1921), wurde Fideikommissherr auf Grasnitz und war Rechtsritter des Johanniterordens sowie Mitglied des Deutschen Reichstags und des Preußischen Abgeordnetenhauses. Er heiratete in erster Ehe Agnes Gräfin Finck von Finckenstein (1852 – 1891) aus Schönberg und in 2. Ehe Marie Gräfin Finck von Finckenstein (1856 – 1926) aus Simnau. Der Sohn Conrad von Stein-Grasnitz (1878 – 1950) aus 1. Ehe war der letzte Gutsherr auf Grasnitz. Der Enkel Elard Stein von Kaminski aus der 2. Ehe war ein rühriges Mitglied der Kreisgemeinschaft Osterode und leistete wesentliche Beiträge für die Restaurierung des Gutshauses in Grasnitz.
Die Familie Stein von Kaminski war usrprünglich ein polnisches Adelsgeschlecht. Am 15. 6. 1802 erfolgte die preußische Adelsanerkennung für den Geheimen Kriegsrat und nachmaligen Regierungspräsidenten in Bromberg, Johann Salomo Jackstein und am 15. 2. 1819 für dessen Bruder, den Amtsrat in Karthaus, George Friedrich Jackstein. Seitdem nannte sich die Familie Stein von Kaminski. Das polnische Wort „Kamien“ bedeutet auf deutsch „Stein“, was den Familiennamen Stein von Kamienski erklärt. Der Name „Jackstein“ ist vermutlich die Kombination des Vornamens von Jacob Kaminski, dem ersten Preußen in der Familie, und dem Zunamen „Stein“. Der früheste bekannte Vertreter der Familie war Stanislaus Kaminski (ca. 1610 – 1699) aus Masowien, polnischer Grodrichter und Burggraf. Sein Sohn Jacob (ca. 1640 – ca. 1699) ließ sich in Preußen nieder. August Stein von Kaminski (1795 – 1840) war es dann, der 1826 durch Einheirat in die Familie von der Groeben Gut Grasnitz übernahm. Der Familienname variierte im 19. Jh., indem mitunter der Zusatz von Kaminski weggelassen wurde oder anstelle von Kaminski „Stein von Kamienski“ benutzt wurde. 1936 ordente das Amtsgericht in Osterode an, dass der Nachname nur noch „Stein von Kaminski“ zu heißen hat. [1]
Jener Elard Stein von Kamienski, geb. 29. 9. 1928, Sohn desKurators und Kanzlers der Universität Bonn, promovierte nach der Flucht aus Ostpreußen in Biologie und war von 1970 bis 1990 Chef der Forschungs- und Entwicklungsabteilung Tiefkühlkost beim Bielefelder Familienunternehmen Dr. Oetker. Er legte den Grundstein dafür, dass die tiefgekühlte Pizza heute ein industrielles Massenprodukt geworden und Dr. Oetker heute bei diesem Produkt Marktführer in Europa ist. Deshalb wird er auch mitunter als Vater der Pizza bezeichnet. Jeder Bundesbürger isst im Durchschnitt neun Pizzas pro Jahr.[2] Elard Stein von Kamienski war von 1968 – 2012 stellvertretender Vorsitzender der Kreisgemeinschaft Osterode.
[1] Die Familien Steinvon Kaminski und von der Groeben in Grasnitz, Kreis Osterode/OPR, Osteroder Zeitung, Mai 2018, S. 70 ff
[2] Neue Westfälische, 13. 2. 2010; Dr. Elard Stein von Kamienski 90 Jahre, Osteroder Zeitung, November 2018, S,. 111
[13 Die Herren und Grafen von der Groeben, Majorat Ludwigsdorf, Kulturzentrum Ostpreußen in Ellingen, 2018, S. 31