Kernsdorf

Geschichte von Wysocka Wies – Kernsdorf und geologischer Hintergrund der Kernsdorfer Höhen

Das Gebiet um Kernsdorf am Fuße der Höhen, die hier so sanft ansteigen, dass auf dem Abhang sogar noch Landwirtschaft betrieben werden kann, gehörte zur Finckensteinschen Güteradministration. Als diese 1832 versteigert werden musste, erwarb die Waldungen zwischen Haasenberg, Döhringen, Frögenau und Kl. Nappern der Löbauer Land- und Stadtgerichtsdirektor Johann Heinrich Kern. Er stellte in einem Teilbereich Land für die Besiedlung durch Zuwanderer vor allem aus dem Oberland zur Verfügung, und zwar als Rentengüter, und gründete so 1834 u. a. das Dorf, dem man seinen Namen verlieh. Jeder der Neusiedler war verpflichtet, auf seinem Grundstück Obstbäume zu pflanzen und Bienen zu halten. Allerdings waren die Bodenverhältnisse durch die vielen Steine recht ungünstig und viele der Neusiedler konnten von den durch Erbteilung immer kleiner werdenden Ländereien nicht allein von der Landwirtschaft leben. So verdingten sie sich oft als Land- oder Waldarbeiter bei den benachbarten Großgütern oder erschlossen sich Nebeneinnahmen z. B. durch den Verkauf oder die Bearbeitung von Findlingen, die es hier überreichlich gab, oder durch die Herstellung von Skiern für die Ski-Sportler, die sich hier ab ca. 1930 immer öfter einfanden.

Kernsdorf war ein 3 km langes Straßendorf ohne eigentliches Dorfzentrum, ohne Kirche. Die Einwohner waren recht trinkfest und so ergab sich eine hübsche Geschichte mit dem Briefträger: der Briefträger kam aus Marienfelde. Zu Sylvester gelang es ihm regelmäßig höchstens, die Post bis zur Dorfmitte auszutragen, weil er in fast jedem Haus auf die Gesundheit anstoßen musste. Danach galt an diesem Tag für die Briefverteilung das Selbstbedienungsprinzip.

Südlich von Osterode steigt das Gelände langsam an. Die Anhöhen mehren sich und kulminieren in den Kernsdorfer Höhen (Dylewskie Gory oder Wgorz Dylewskich ). Dadurch, dass das Land hier sehr viele Hügel aufweist, ist es gar nicht so leicht, den höchsten Punkt Ostpreußens zweifelsfrei von Ferne auszumachen.

Die Kernsdorfer Höhen sind in ihrem Ursprung eine riesige, voreiszeitliche Scholle, die so weit aus dem Untergrund aufragte, dass das Eis der Eiszeit östlich und westlich in Zungen vorbeiwuchs. Besonders während des Abschmelzprozesses lagerten sich große Schuttmassen in der Gegend des Höhenzuges ab, die sich zu Bergen auftürmten, die um 150 m ihre Umgebung überragten. Man spricht auch von Stauchmoränen mit viel skandinavischem Geschiebe, denn es liegt am Außenrand der letzten Vereisung. Für die vielen Endmoränenhügel, die sich überall gebildet hatten, prägte man für diese Landschaft auch den Begriff “Höckerland”, was soviel heißt wie Hügelland, so schon Simon Grunau im Jahr 1525 in seiner „Preußischen Chronik“. Die Kernsdorfer Höhen sind ein weit gespanntes Plateau von etwa 40 qkm und bilden gleichzeitig eine Nahtstelle zwischen einem eiszeitlichen Weichsel- und einem Alle-Gletscherstrom.[2]

Der von der Eiszeit hinterlassene Moränenschutt brachte für die Bauern manche Probleme bei der Bearbeitung ihrer Äcker. Sie konnten noch so viel Steine von den Feldern absammeln, es wuchsen immer neue Steine aus dem Untergrund nach oben. Andererseits verwendete man die zahlreichen Feldsteine und Findlinge beim Bau der Häuser und Scheunen, der Burgen und Kirchen, später beim Anlegen der Straßen und bei der Flussregulierung.

Am Ortsende Richtung Klonau entsteht ein neues 4-Sterne-Hotel mit Reha-Zentrum und den verschiedensten Freizeitangeboten, das im Jahr 2005 noch im Bau befindlich war. Die einstige Kernsdorfer Schule ist gut erhalten. Sie beherbergt ein Restaurant und bietet Übernachtungsmöglichkeiten

Zu diesem neuen Hotel schreibt uns Frau Olga Zmijewski im Februar 2007: „Der große Hotel-Komplex ist ein SPA der in Polen renommierten Kosmetikmarke Dr. Irena Eris. Er bietet außer ausgezeichnetem Essen und Übernachtungsmöglichkeiten ein SPA-Zentrum und ein sehr modernes Kosmetikinstitut. Außerdem auch einen Reitstall, eine Bowlingbahn u.a. Die Alte Schule hingegen heißt tatsächlich Alte Schule (auf polnisch Stara Szkola) und ist heute eine sehr luxuriöse Pension. Die Umgebung entwickelt sich langsam zu einem Naherholungsgebiet. Man kann dort wandern und Ski-Langlauf betreiben.“

Am Eingang zum Friedhof von Kernsdorf steht seit Mai 2014 ein Gedenkstein, ein Findling aus der Umgebung, den der Steinmetz H. Jaroszewski aus Wygoda – Ruhwalde bearbeitet hat und der folgende Inschrifttafel in deutscher und polnischer Sprache trägt: “Zum Gedenken an die Bewohner von Kernsdorf/Wiesoka Wies, die auf diesemFriedhof ruhen”[1]



[1] Ingrid Marx, Gedenkstein beim alten evangelischen Friedhof in Kernsdorf/Wysoka Wies wurde aufgestellt, Osteroder Zeitung, Dezember 2014, S. 42
[2] Prof. Dr Herbert Liedtke, Die Landschaften Ostpreußens, Osteroder Zeitung, Mai 2012, S. 30 ff