Kleine Betrachtung über ostpreußische Familiennamen
Hallo,
ich bin auf der Suche nach einem FN auf folgendes gestoßen; vielleicht ist ja auch für andere interessant:
Albat Abwandlung des lit. Männernamens Albas;
Albien der kleine Albas;
Adomeit Adamssohn (Adomas, Adam)
Baltruschat Bartels Sippe (Baltras Bartholomäus);
Bartoleit Bartelssohn;
Brassat Brosius (aus Ambrassat Ambrosius)
Endrissat Heinrichs oder Heinrici (lit. Endrysas);
Enderweit Heinrichorter (aus Endrius Heinrich und wietas Ort);
Jessat Abwandlung des Männernamens Gesse (auf deutsch: Schal);
Lukat Lukas;
Laurinat Lorenz; Abwandlung vom lit. Liaurynas;
Tobien Tobias (vielleicht auch von tubinis = etwas von Filz Gemachtes oder pruzzischen Ursprunges);
Rudat Abwandlung des lit. Männernamens Rudaites (vielleicht aber auch von rudä = Erz, also Erzarbeiter);
Petereit Peter mit der lit. Endung eit".
Vom pruzzisch-litauischen Kultus haben wir die Namen erhalten:
Perkuhn Gott des Donners (merkunos)
Padeffke Abgott, Götze (padiewis).
Viele Namen gehen auf Tätigkeiten zurück. So bedeuten:
Bittihn Bienenzüchter (bite Biene);
Krapat Krauter (krapas = Kraut),
Kadereit Lumpenmann (kadariai Lumpen);
Keiluweit Kürschnerorter (kailius Kürschner und wietas Ort);
Kinat Schweineknecht (kinis Schweinelager);
Krauledat Aderlasser (krauleidys = zur Ader lassen);
Oschkenat Ziegenfleischer (oßkiena, Ziegenfleisch);
Podschus Töpfer (pudzius);
Schneidereit Schneider mit der lit. Endung eit";
Tolksdorf Dolmetscherdorf (tolk Dolmetscher);
Uredat Amtmann (uredas = das Amt);
Wartat Wächter (wartas)
Wie alle anderen Völker haben auch die Litauer ihre Nachbarn mit Eigenschaften bedacht, die als Namen an ihnen hängen geblie-ben sind:
Domscheit 'Kluge's Sohn (dumzius, kluger Denker, Ratsherr);
Duscheleit des Dicken Sohn (duzas, dick);
Kemsies Vielfraß (kemßu = stopfen);
Karalus der König (karalius);
Naujoks Neuling (naujokas);
Padubrin Filzhaar-Sdiopf (patubis = Filzhaarj czubrine = Schopf);
Preugschat Bräutigam; auch zweiter Ehemann (preikßas);
Paprotta Gewohnheit (paprotys) oder auch Farnkraut nach dem polnischen paproc;
Quoß unbedacht (kwosus);
Rimkus ruhig (rimoju);
Supply Abgerissener (suplyßelis);
Smelkus fein, stolz (smulkas);
Uschkoreit 2. Ehemann; eigentlich Aufbauer, Anzünder als Scherzwort gebraucht (ußkuraitis, ußkurys);
Weikies schnell, flink (waikas, waikus);
Zipplies Gaffer (zioplys = wer Maulaffen feilhält);
Beyrau schimpfen (bariau) ?
Rinnau schlucken (rynu) ?
Schlobies ersticken (slobiu) ?
Nach der Lage des Hauses entstanden Namen wie:
Gallinat der Letzte in der Reihe (galinis);
Susat der Nachbar (susedas) ?
Weschkalnies Am Bergpfad (wezas = Abweg; kalninis = zum Berge gehörig).
Von Gegenständen des täglichen Lebens mögen die Namen herrühren:
Besmehn Schnellwaage (bezmenas);
Dirschus Riemen (dirzas);
Maguhn Schlafbank (maigunas); vielleicht auch Abwandlung des pruzzischen Männernamens Mage;
Krakuhn Schwarzspecht (krakis) ?
Auch Teile des Körpers mußten als Namen herhalten:
Pakschies Nacken (pakaßis);
Pannapies Fingerkuppe (panages).
Die Siedler aus den deutschen Stammlanden brachten Namen mit wie:
Engelien Englein (mittelhochdeutsch: engelin);
Gutzeit Gute Zeit;
Trostmann Bürge, Helfer (mittelhd.: tröst = Vertrauen, Mut, Hilfe, Bürgschaft);
Weller 1. Former; der durch Wellen mit der Hand eine weiche Masse bleistiftförmig gestaltet (althochd.: wellan = wälzen; mittelhd.: wolgern); 2. Wähler (mhd.: welaere von wellen, welen = erwählen);
Krispien Krauskopf (lat.: geht auf den Hl. Crispien zurück, den Schutzpatron der Schuhmacher).
Von den Salzburger Einwanderern erzählen folgende Namen:
Embacher, Hofer, Meyhofer, Obersteller, Obgartel, Polfner, Riedelsberger, Sinnhuber, die einer späteren Betrachtung vorbehalten bleiben mögen.
Die Aufnahme der Hugenottenflüchtlinge bereicherte unsere Sprache auch noch um solche Familiennamen französischen Ursprungs:
de la Chaux von Kalkstein;
Fornacon Kalkbrenner;
Genée geguält (génée)
Jenett Hannchen (Jeanette);
du Maire von Meier;
Venohr Jäger (vom lat. venator, bzw. venari = jagen);
Mattern mütterlich (vom Istein. maternus);
Naturgemäß fanden viele Namen der polnischen und russischen Nachbarn Eingang, mit denen die Litauer und später die Deutschen dauernd zu tun hatten, sei es im Krieg oder sei es in Friedenszeiten. Auch diese Namen gehen auf Vornamen, Tätigkeiten, Eigenschaften und Dinge des täglichen Lebens und der Natur zurück:
Adamczik Adamsohns
Bernatzki Böttcher (bednarz) ?
Chlupka Bäuerlein (clop, bzw. chlopek);
Dorka Pferdedecke (derka);
Gemballa Mündchen, Mäulchen (gebula);
Grabowski Grab, Weißbuche;
Guttowski fertig, bereit (gotow);
Gramattke Grammatiker, Gelehrter (gramatyk) ?
Jankowski Johann (Janko, Jan);
Jakubzig Jakobsohn;
Juschka Josef ?
Kaminski Stein (kamen);
Kempa kleines Werder;
Kornatz Borkenkäfer (kornik) ?
Koslowski Bock;
Kowalewski Schmied (kowal = Schmiede);
Kulinna Schneeballstrauch (kalina);
Konopatzki kalfatern (konopaczyc) Fugen an Holzschiffen abdichten; griech.-ital.-niederländ. Ursprungs);
Laskowski Wäldchen (lasek);
Milewski lieb (mily);
Majewski Plage, schwere Arbeit russisch: maja) ?
Mrowka Ameise (mröwka);
Nadolny Unterländer (nadolny);
Odloschinski Brachfeld (odlug) ?
Opalka Korb;
Puzicha Pausbacke (puca) ?
Piontek Freitag;
Philippzig Philippsohn;
Potrek Peterchen (Piort = Peter ?
Rogowski Horn (rog)
Rogalski Hörnchen (rogal);
Salewski Schierling (russ.: salew);
Wieczorrek Abendgesellschaft;
Woytewitz Dorfschulze (wojt);
Wessolowski lustig, fröhlich (wesoly);
Willimzig Wilhelmsohn;
Mazannek dürfte das litauische mazynikas = klein, sehr klein im polnischen Gewände sein, ebenso wie der polnische Name
Gromelski das litauische grornu-liuju = wiederkäuen, enthalten mag.
So hat der heimatbesessene Etymologe sich redlich bemüht, die Rätsel um alle angeführten Familiennamen zu lösen und hofft, damit einen beischeidenen Teil zum Verständnis unserer Heimatsprache beigetragen zu haben.
Susanne Gissing
aus Ostpreussenwarte 1959 Nr.8
Tolle Übersicht. Vielen Dank.
Manfred Höhne
Hast du sowas auch für Schmarowski?
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