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Erinnerung an Rudolf Borchardt

Erinnerung an Rudolf Borchardt

09.06.2019

Rudolf Borchardt ( 9. 6. 1877 – 10. 1. 1945) wurde in Königsberg geboren. Die Eltern, die in Moskau lebten, entstammten großbürgerlichen jüdischen Häusern in Königsberg. Zum Zeitpunkt seiner Geburt hielt sich die Mutter gerade in Königsberg auf. Der Großvater war in den 1830er Jahren aus Zastrow in Pommern nach Königsberg gekommen und nach Heirat mit Emilie Leo in den Teehandel eingestiegen. Der Vater, der Kaufmann Robert Martin Borchardt (1848 – 1908) nahm damals die Geschäftsinteressen eines Königsberger Bank- und Handelshauses, an dem die Verwandtschaft die meisten Anteile hielt, in Moskau wahr.

1892 übersiedelte die Familie nach Berlin. Rudolf Borchert wuchs in Berlin und Wesel auf, wo er auch sein Abitur machte. Er studierte Theologie, klassische Philologie und Archäologie, daneben noch Germanistik und Ägyptologie in Berlin, Bonn und Göttingen. Studienaufenthalt in England. 1903/04: Reise nach Italien, wo er in der Toscana seine Wahlheimat fand. Teilnahme am 1. Weltkrieg als Freiwilliger, zuletzt als Offizier an der italienischen Front. 1923 Rückkehr in die Toscana.

Als die Alliierten sich 1943 auf dem Vormarsch in Italien befanden und Rom einnahmen, verließ Rudolf Borchardt mit seiner Familie sein schönen Anwesen in Saltocchio unweit von Lucca und hoffte, in einer Villa in Forte dei Marmi die Kriegsunruhen unbehelligt zu überleben. Doch er geriet mit seiner Familie zwischen die Linien der sich zurückziehenden Wehrmacht. Er wurde 1944 von der Gestapo verhaftet, konnte allerdings fliehen, aber nur wenige Tage. Mit seiner Familie wurde er nach Innsbruck deportiert, doch dann nicht etwa in ein KZ eingeliefert, sondern er erhielt für sich und seine Familie neben einer Aufenthaltserlaubnis in Innsbruck auch Geld und Lebensmittelkarten. Noch im Oktober konnte die Familie aus dem von den Alliierten bombardierten Innsbruck nach Trins am Brenner ausweichen, wo Borchardt seine Arbeit wieder aufnahm. Unerwartet erlag er am 10.Januar 1945 einem Schlaganfall.

Der Schriftsteller und Dichter wurde geprägt vom Studium der Altertumswissenschaft und durch die Dichtungen Stefan Georges und Hugo von Hofmannsthals. Er schrieb Lyrik, Essays, Dramen, übertrug Werke von Pindar, Dante u. a. ins Deutsche und war Mitarbeiter an der Zeitschrift „Insel“. Borchardt war ein begeisterter Gärtner und hinterließ das Buch „Der leidenschaftliche Gärtner“, vorabgedruckt in den Neuen Zürcher Zeitung 1942, erschienen 1951.

1954 wurde in Bremen auf Initiative von Rudolf Alexander Schröder und Marie Luise Borchardt eine Rudolf-Borchardt-Gesellschaft gegründet. Gerhard Schuster ist Leiter des Rudolf- Borchardt-Archivs in Rotthalmünster und Herausgeber der Gesammelten Briefe Borchardts. Fünf Jahre lang durchforschte Gerhard Schuster das Hausarchiv bei der Witwe Marie Luise Borchardt, die im Haus ihres verstorbenen Onkels Rudolf Alexander Schröder in den Bayrischen Bergen lebte. Seine Forschungen zum Leben Rudolf Borchardts ergänzte er durch Reisen nach Italien, um Zeitzeugen zu treffen und die Lebensorte des Dichters in Augenschein zu nehmen. Im Nachlass des Dichters Rudolf Borchardt wurde ein autobiografisches Romanfragment entdeckt. Erzählt wird von den zügellosen Jahren des jungen Mannes in Berlin um 1900.