Lyck als Bildungshauptstadt Masurens

Als Masuren bezeichnet man den südlichen, seenreichen Teil Ostpreußens etwa von den Kernsdorfer Höhen im Westen bis zum Goldaper Hochland im Nordosten. Die Eiszeit hat hier die typischen langgestreckten Rinnenseen und die weitgerundeten Becken der Stauseen hinterlassen und so ist Masuren heute die größte Seenlandschaft Polens. Im Westen Masurens befindet sich die Eylauer Seenplatte, im Ostteil die Masurische Seenplatte. Spätestens mit der Reformation sahen sich etliche evangelische Polen veranlasst, das katholische Masowien zu verlassen, um im reformierten Ostpreußen ihren neuen Glauben praktizieren zu können. Sicher gab es auch Masowier oder Polen aus anderen Regionen, die sich Drangsalierungen ihrer Gutsherren entziehen wollten oder die nach Ostpreußen flüchteten, um bessere Lebensbedingungen zu finden, was im dünn besiedelten einstigen Ordensland gut möglich war und was sie alle vom 15. bis 18 Jh. in größerem Umfang taten. Ab dem 18. Jh. bürgerte sich der Name Masuren ein. Siegfried Lenz schilderte sehr liebevoll das gemütliche und mitunter skurrile Leben der Masuren. Sie waren aber auch von den Katastrophen, die Ostpreußen heimsuchten, in besonderer Weise betroffen. So vom Einfall der mit Polen verbündeten Tataren, bei dem 50 Dörfer zerstört und die Hälfte der masurischen Bevölkerung den Tod fand oder verschleppt wurde, und von der anfangs des 18. Jhs. grassierenden Pest, die wohl in Hohenstein ihren Ausgangspunkt nahm.

Eine herausragende kulturelle Rolle spielte Lyck zur Zeit der Reformation. Weil im Zuge der geistlichen Umwälzung viele katholische Kirchenvertreter auswanderten, brauchte Herzog Albrecht für Masuren evangelische Geistliche, die die polnisch-masurische Sprache beherrschten und rief deshalb polnische Protestanten ins Land. Unter ihnen befand sich der Pfarrer Johann Maletius aus einem adligen Geschlecht bei Krakau, der über Kenntnisse im Drucken verfügte. Herzog Albrecht schenkte ihm das Waldgut Regelnitzen nahe Lyck mit 5 Hufen und 20 Morgen und Maletius gründete in Lyck 1536 die nach Königsberg und Marienburg dritte Druckerei in Preußen. Zahlreiche Lehr- und Erbauungsschriften sowie eine Bibel in polnischer Sprache wurden hier gedruckt und nicht nur in Preußen, sondern auch nach Polen hinein verkauft. Außerdem entstand in Lyck eine der drei Fürstenschulen des Herzogtums.Johann Maletius wurde 1537 zum Erzpriester mit Zuständigkeit für die Hauptämter Lyck, Oletzko, Johannisburg und Rhein ernannt. Sein Sohn Hieronymus folgte ihm in diesem Amt und war außerdem der erste Rektor der neuen Lateinschule. Die entstand, als Herzog Albrecht 1546, zwei Jahre nach Gründung der Königsberger Universität, die wahrscheinlich schon 1472 gegründete Kirchenschule zur Lateinschule ausbaute und damit den Grundstein für die Entwicklung Lycks zum geistigen Zentrum Masurens legte.Aus ihr ging 1587 die Partikularschule und am 16. 2. 1599 die Fürstenschule von Lyck hervor. Sie war in erster Linie für polnisch bzw. masurisch sprechende Schüler gedacht. Daneben gab es die Fürstenschule für deutsche Schüler in Saalfeld und die für litauische Schüler in Tilsit. Diese Bildungsstätten hatten die Aufgabe, die lernbefähigten Knaben auf das Studium von Theologie, Medizin und Jura in Königsberg vorzubereiten und die Schüler kamen sowohl aus dem Inland wie später auch aus dem Ausland und auf dem Lehrplan stand sowohl die deutsche wie die polnische Sprache. Erster Rektor in Lyck war Joachim Perbandt, der am 6. 12. 1586 berufen wurde. Die Schulaufsicht vor Ort oblag dem Erzpriester, die Oberaufsicht gehörte der philosophischen Fakultät der Universität in Königsberg.

Im Zuge der großen Verwaltungsreform in Preußen wandelte Minister Wilhelm von Humboldt, der Gründer der Berliner Universität, die Fürstenschule in Lyck in ein Gymnasium um. An diesem bildete sich, dem Zeitgeist folgend, das “Sängerkränzchen der Lycker Prima 1830”, eine der ältesten Gründungen von Männerchören in Ostpreußen, mit dem Anspruch, das deutsche Lied zu pflegen und die Heimat zu besingen.

1913 machte man die Bildungsanstalt zum Reformgymnasium mit angeschlossener Realschule und 1924 zum Humanistischen Gymnasium mit Realschule, an der 1925 die “Sudavia” gegründet wurde, die Vereinigung ehemaliger Lycker Realschüler. Beide Schulzüge zogen 1930 in das nicht mehr benötigte Lehrerseminar um und nannten sich ab 1931 mit der Erhebung zur Oberrealschule “Staatliche Ernst-Moritz-Arndt-Schule”. Mit der Schulreform von 1937 entfielen die Real- und Gymnasialzweige zugunsten einer Oberschule, deren Unterricht endgültig am 20. 10. 1944 endete.

1799 begründete man in Lyck das erste staatliche Lehrerseminar Ostpreußens, das mit der Ausbildung von 20 Seminaristen begann. Direktor war der Erzpriester Timotheus Gisevius. Die Anstalt florierte allerdings nicht und ging 1807 wieder ein. Erst 1902 kam es zu einer Neuauflage, der damals elften der Provinz. Diese stellte mit allen anderen Lehrerseminaren des Deutschen Reichs 1926 ihre Tätigkeit ein, weil dann die Hochschulausbildung der Lehrer durchgesetzt worden war.

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